Citroën C5:Der fliegende Teppich

Nach dem großen, eigenwilligen C6 zeigt Citroën jetzt auch in der Mittelklasse, dass mit der Marke wieder zu rechnen ist - unterwegs im neuen C5.

Jörg Reichle

Es gab Zeiten, da umwehte die Autos der Marke Citroën der diskrete Charme des Eigenwilligen. Von der fließenden Form der souveränen "Déesse" schwärmen Autokenner noch heute. Doch wer je eine fuhr, war bisweilen genervt von ihren Schrulligkeiten. Das "einarmige" Lenkrad eierte, der Lupentacho war Gift für Brillenträger und der Knopf, der dort saß, wo sich bei normalen Autos das Bremspedal befindet, machte die dosierte Verzögerung zu einem artistischen Akt, den wenige beherrschten.

Citroën C5: Schöner Solitär: Der neue Citroën C5 sieht nicht nur gut aus, sondern hält sich auch selbstbewusst vom zeitgenössischen Dynamik-Wahn fern. Man reist unvergleichlich komfortabel.

Schöner Solitär: Der neue Citroën C5 sieht nicht nur gut aus, sondern hält sich auch selbstbewusst vom zeitgenössischen Dynamik-Wahn fern. Man reist unvergleichlich komfortabel.

(Foto: Foto: Citroën)

Diese Federung!

Das beweist nur, dass Legenden nicht perfekt sein müssen. Auch heute nicht. Kaum hat sich im neuen C5 das Navi gemeldet, geht es schon los: Die junge Dame lispelt charmant, aber vernehmlich. Doch nach gefühlten einer Million Kreisverkehren in Frankreich und Spanien, nach viereinhalbtausend Kilometer durch halb Europa, will man es einfach nicht mehr missen: "Nehmen Sssie nach dem Kreisssverkehr die zsssweite Ausssfahrt." Ganz wunderbar!

Und es sollte nicht das einzig Erzählenswerte unserer Ausfahrt bleiben. Das Schönste, um es vorweg zu nehmen, ist diese Federung. Gott, das Gerücht hält sich seit langem, ist Franzose und als solcher hat er offenbar bewirkt, dass Citroën sich an das erinnert, was die Marke einmal ausgezeichnet hat.

Der fliegende Teppich

Folglich verweigerten sich die Verantwortlichen dem grassierenden Dynamik-Flitz der Konkurrenz. Der verwandelt harmlose Familienautos inzwischen in unbarmherzige Knochenschüttler, nur, weil man damit etwas schneller um Kurven fahren kann. Was (fast) kein Mensch will. Und der C5 auch nicht. Vorausgesetzt man fährt ein Modell mit der formidablen hydropneumatischen Federung. Dann sucht dieses Fahrerlebnis selbst in der Luxusklasse seinesgleichen. Wie Salomo auf dem fliegenden Teppich.

Von wegen aufgeregt!

Solcherart weggefedert gleiten die Autobahnen schweigend unter uns weg. Nach 1200 Kilometer von Barcelona nach München entsteigen wir dem C5 frisch wie nach einem kühlen Bad im Meer. Nur dann und wann will der große Diesel gefüttert werden - mit 8,8 Liter pro 100 km, was keine Sensation ist, aber annehmbar. Ansonsten hören wir ihn scheinbar fern von uns leise seine Arbeit tun, kurze Phasen der Beschleunigung bewältigt er souverän.

Überhaupt lässt dieses große Auto alle Aufgeregtheiten draußen, gefiltert, gedämmt, in sicherem Abstand. Zugegeben, der Testwagen war mit fast allem ausgestattet, was den C5 bequem und teuer macht. Exclusive heißt die Ausstattung, ergänzt durch ein 4700 Euro teures Luxuspaket.

Hell abgestepptes Leder erstreckt sich also weitläufig über die Landschaft der Sitze und des Armaturenträgers, Alcantara adelt den Dachhimmel. Dazu kommen beheizte Sitze, die sich sogar noch in der Schulterpartie elektrisch der menschlichen Anatomie anpassen. Oder der Spurhalte-Helfer, der den Sitz kurzzeitig in einen Vibrator verwandelt. Oder das variable Kurvenlicht. Oder für 2260 Euro das erwähnte Navi mit Sieben-Zoll-Bildschirm, kombiniert mit Telefon, MP3-Player und CD-Wechsler. Oder, oder, oder.

Der fliegende Teppich

Ganz ohne Aufpreis dagegen gibt es ein geräumiges Reiseabteil (auch in der zweiten Reihe), einen ordentlichen Kofferraum (467 Liter), der sich dank umklappbarer Rücksitze auch fürs ganz große Reisegepäck empfiehlt. Und wenn man partout etwas zum Meckern sucht, landet man außer beim hohen Gewicht vielleicht bei der mit Knöpfchen überladenen, feststehenden Lenkradnabe, auf der sich auch die Hup-Tasten verstecken und sich dem intuitiven Zugriff gerne entziehen. Gewöhnungssache womöglich.

Willkommen zurück im Oberhaus!

Vielleicht sollten wir noch anfügen, dass der C5 ein ausgesprochen schönes, kraftvoll dastehendes Auto ist, trotz seiner wuchtigen Front. In jedem Fall eine eigenwillige Ansage, ein Solitär, der dennoch nicht polarisiert. Dass es ihn auch als Kombi gibt und mit anderen Motoren - drei Benzinern und vier Diesel - sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Dennoch scheint uns die Limousine mit dem stärksten Diesel und der stimmigen Automatik als die ideale Paarung - vorausgesetzt, es ist einem fast 15.000 Euro Aufpreis gegenüber dem Basismodell wert.

So oder so steht am Ende einer langen Ausfahrt die sichere Erkenntnis: Citroën ist wieder da. Auch, weil man nach dem C6 erneut den Mut hatte, ein eigenwillig schönes Auto gegen den Trend zu positionieren. Willkommen zurück im Oberhaus.

Citroën C5 V6 HDI 205 Exclusive: 150 kW (204 PS); max. Drehmoment: 400 Nm bei 1900 Umdrehungen; Leergewicht: 1849 kg; 0-100 km/h: 9,6 s; Vmax: 224 km/h; Testverbrauch: 8,8 l; CO2: 223 g/km; Euro 4; Grundpreis: 36 250 Euro.

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