Chrysler Voyager:Standbein des Konzerns

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Die Großraumlimousine startet renoviert ins Modelljahr '94

(SZ vom 16.10.1993) Nicht nur im Heimatland USA, auch in Europa schreibt Chryslers überraschender Markterfolg dicke Schlagzeilen. Vom heftigen Wachstum des drittgrößten nordamerikanischen Autoherstellers ist die Rede, von Absatzzahlen, die so hoch seien wie seit fünf Jahren nicht mehr. Wenn der Erfolg anhält, werden Chryslers Gewinne 1993 eine Milliarde Dollar übersteigen. Verantwortlich dafür sind neue, 'schlanke' Unternehmensstrukturen und eine glückliche Hand in der Modellpolitik. Davon zeugt nicht erst die in Amerika äußerst erfolgreiche neue LH-Baureihe, aus der als europäischer Ableger der Chrysler Vision hervorgeht, ein Luxusliner der oberen Mitteklasse.

Gegen Ende des Jahres wird er sich in Deutschland einem kritischen Publikum stellen. Schon der Jeep Grand Cherokee, jener Luxus-Geländewagen zum attraktiven Preis, riß hierzulande auf Anhieb die Hälfte seines Marktsegmentes an sich. Und der eigenständige neue Mittelklasse- Wagen Neon - positioniert zwischen VW Passat und Golf - steht bereits in den Startlöchern.

Als Standbein des Detroiter Konzerns gilt allerdings vorerst noch die erste Großraumlimousine im Norm-Garagen-Format, der Voyager, mit dem Chrysler 1984 den Markt für ein völlig neues Pkw- Konzept öffnete. Er verhalf seinem Konzern durch erhebliche Zuwachsraten zu jenem Optimismus, der bei Chrysler bis heute andauert. Gleichzeitig aber rief er auch zahlreiche Konkurrenten auf den Plan: So schickte Renault den Espace ins Rennen, Toyota den Previa, demnächst folgen Mercedes, Fiat-Lancia und Ford mit Eigenentwicklungen. Das Chrysler- Konzept, die Verkehrsfläche einer Mittelklasse-Limousine mit sieben vollwertigen Sitzplätzen, einem akzeptablen Gepäckabteil und entsprechend kompakter Antriebstechnik zu überbauen, fand vier Jahre nach Markteinführung schon eine Million entscheidungsfreudige Kunden, zwei Jahre später waren weltweit bereits zwei Millionen Chrysler-Großraumlimousinen verkauft und weitere zwei Jahre später waren es drei Millionen.

Auch in Deutschland gilt der Chrysler Voyager als Hit - nicht zuletzt wegen seines günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses. Immerhin 22 Prozent seines Segments deckt er gegenwärtig bei uns ab, mit wachsendem Anteil: Im Mai diesen Jahres lagen seine Verkaufszahlen 24 Prozent über denen des vergleichbaren Vorjahresmonats. Für den europäischen Markt rollt er gegenwärtig noch aus dem österreichischen Montagewerk 'Eurostar' von Daimler-Steyr-Puch. Bis zur Ablösung der aktuellen Baureihe in drei Jahren schickt Chrysler sein Erfolgsmodell ab Winter noch einmal renoviert ins Rennen. Seine Verbesserungen gehen auf die Auswertung einer 1992 durchgeführten Kundenbefragung zurück.

Danach stehen Komfort- und Sicherheitselemente ganz oben auf der Präferenzliste von Großraumlimousinen-Käufer, gleich nach Verarbeitungsqualität und Wiederverkaufswert. Also erhält der '94er Voyager serienmäßig Airbags für Fahrer und Beifahrer sowie Kopfstützen auf allen Sitzplätzen und einen integrierten Seitenaufprallschutz. Gegen Aufpreis werden die beiden Sitze der mittleren Reihe mit jeweils einem integrierten Kindersitz ausgestattet, die außerdem mit deren Rückenlehne nach hinten kippbar sind. Sie können Kleinkindern eine angenehme Schlafposition einnehmen, ohne auf optimale Sicherheit verzichten zu müssen. Die Handhabung der Kindersitze ist denkbar einfach: Aus der Lehne wird ein Sitzkissen ausgeklappt, das Kindern eine erhöhte Position in ebenfalls integrierten Hosenträgergurten bietet. In allen Punkten erfüllt die Großraumlimousine nun bereits die US-amerikanischen Sicherheitsvorschriften ab 1998.

Der 2,5-l-Vierzylinder-Turbodiesel mit 87 kW (118 PS) - bis zur Ablösung durch das gänzlich neue Modell 1996 leider nur in Verbindung mit einem Fünfganggetriebe zu haben - überzeugt mit Durchzugskraft zwischen 1500 und 3000 Touren. In diesem Bereich hält er sich akustisch zurück und glänzt mit Verbrauchswerten, die ihn gegenüber dem 3,3-l-Sechszylinder-Benziner mit acht Liter pro 100 km im Drittelmix als konkurrenzlos günstig ausweisen. Kein Wunder, der Dieselmotor entwickelt sein maximales Drehmoment von 262 Newtonmeter schon bei 2200 Touren, der Benziner stellt die gleiche Kraft erst bei 3600/min. zur Verfügung. Gegenüber der bisherigen Benzin-Version gleichen Hubraums leistet der 3,3-Liter dank optimierten Motormanagements im Modelljahr 1994 geringfügig mehr als bisher: 120 kW (163 PS) gegenüber 112 kW (152 PS). Das reicht für eine Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h.

Für die akustische Zurückhaltung des Diesels zeichnen überwiegend Dämmplatten an Spritzwand und in Türverkleidungen verantwortlich. Daß der 'kurze' Voyager mit 3,3 l-V6-Motor auch über alle vier Räder angetrieben werden kann, verdankt Chrysler der Zusammenarbeit mit Steyr in Graz, die ihre Allraderfahrung seit 1990 einbringen. Auch das Einstiegsmodell für den deutschen Markt mit dem 2,5-l-Vierzylinder-Benzimmotor bleibt weiterhin nur in der Kurzversion erhältlich.

Von Jürgen Zöllter

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