Carsharing-Gesetz:Mit dem neuen Gesetz hat Carsharing endlich eine Chance

FILE PHOTO: The logo of German car-sharing firm Car2Go is pictured in Cologne

Zwei Smart Fortwo des Carsharing-Anbieters Car2go. Dank des neuen Gesetzes soll es bald einfacher möglich sein, solche Autos zu parken.

(Foto: REUTERS)

Carsharing ist eine gute Sache. Nur die Parkplatzsuche nervt und kann sehr teuer werden. Ein neues Gesetz soll das verhindern - dafür wird es höchste Zeit.

Kommentar von Michael Kuntz

An diesem 1. September tritt das neue Carsharing-Gesetz in Kraft. Und keiner wird es merken. Jedenfalls nicht sofort. Und dennoch könnte es der Idee vom gemeinsamen Teilen von Autos einen gewaltigen Schub geben. Endlich hat die Politik die neue Form der Mobilität zur Kenntnis genommen und mit einem Regelwerk reagiert, das sogar einmal nicht mit lauter Verboten aufwartet, so wie in anderen Fällen, in denen der Gesetzgeber einer neuen gesellschaftlichen Entwicklung hinterher eilt.

Denn das Bundesgesetz gibt Ländern, Städten und Gemeinden nun die Möglichkeit ein strukturelles Hindernis zu beseitigen, das bisher viele Menschen davon abgehalten hat, die Carsharing-Autos nicht nur gut zu befinden, sondern sie auch regelmäßig zu benutzen.

Die Kommunen müssen sich zur besseren Nutzung von knappem Stadtgebiet bekennen

Bisher wurde es zwar immer einfacher in vielen Städten, eines dieser von mehreren Menschen nutzbaren Autos zu finden und damit zu fahren. In den besonders belebten Stadtvierteln von Großstädten wie Berlin oder München wird es aber täglich schwieriger, das Carsharing-Auto am Ziel der Fahrt ordnungsgemäß zu parken. Das Problem ist also, das Auto wieder loszuwerden, während die Gebührenuhr des Vermieters tickt. Denn die meisten Fahrzeuge werden im Minutentakt abgerechnet. Und zumindest bei den Anbietern komfortabler "Autos zum Teilen" kosten dann drei Minuten Parkplatzsuche schon mal einen Euro. Und in München-Schwabing oder Berlin-Moabit ist das noch der Glücksfall, denn hier kann das Finden eines freien Parkplatzes leicht eine Viertelstunde dauern, macht fünf Euro nur mal so, zuzüglich zu den Kosten für die Strecke, die man gefahren ist.

Weil das so ist, konnte sich bisher die Fortbewegung per Carsharing trotz rasant steigender Teilnehmerzahlen in der Praxis nicht so richtig durchsetzen, jedenfalls bei den Unternehmen, die ihre Fahrzeuge nicht an festen Plätzen anbieten, sondern über das Stadtgebiet verteilen. Was ja recht lässig ist, jedenfalls beim ersten Blick auf die jeweilige App, über die man suchen und buchen kann. Freefloating nennt sich dieses Prinzip, die größten Anbieter sind Drivenow von BMW und Sixt sowie Car2go von Daimler.

Reservierte Stellplätze wie für Taxen oder Polizeiautos

Das neue Gesetz ermöglicht nun spezielle Parkplätze für Carsharing, nicht nur reservierte, sondern sogar auch kostenlose. Jedenfalls wird das Verfahren dafür einfacher. Bisher musste der öffentliche Straßenraum entwidmet werden, ein aufwendiges rechtliches Verfahren. Es kann nun entfallen. So wie es reservierte Stellplätze für Taxen oder auch die Einsatzfahrzeuge der Polizei gibt, soll es bald Parkraum ausschließlich für Carsharing geben.

Das wird nicht ohne politische Diskussionen abgehen, mit Widerstand parkender Anwohner ist zu rechnen, denn denen wird ja praktisch etwas weggenommen, und einige werden ihre Gewohnheiten ändern müssen. So gesehen ist das Carsharing-Gesetz nun auch ein politisches Bekenntnis dazu, mit dem knappen öffentlichen Raum in Großstädten auf eine neue Weise sparsam umzugehen.

Carsharing sollte nicht länger versteckt werden

Die Carsharing-Unternehmen frohlocken bereits, das neue Gesetz gebe den Städten das rechtssichere Mittel, den Verzicht auf Privat-Pkw noch attraktiver zu machen. Studien zufolge ersetzt ein Carsharing-Auto im System ohne Verleihstationen schon heute drei private Autos, die im Durchschnitt nur eine Stunde am Tag bewegt werden. Bei den Varianten mit festen Orten, an denen die Leihautos zu finden und zu denen sie zurückzubringen sind, werden sogar pro Carsharing-Fahrzeug bis zu 20 Privatautos überflüssig.

Jetzt sind die Kommunalpolitiker dran

Diese Stationen befinden sich oft in Tiefgaragen und Hinterhöfen. Carsharing aber sollte nicht länger versteckt werden. Nur wenn es in der Öffentlichkeit so sichtbar ist wie Bahnhöfe oder Bushaltestellen, kann es seine platzsparende Wirkung entfalten.

Die Vision: Es entsteht städtischer Raum für mehr Grünanlagen, Radwege - oder es gibt einfach weniger Staus.

Das Carsharing-Gesetz steht für das Schneckentempo, mit der die Politik auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert. Seit sehr vielen Jahren wird das Regelwerk diskutiert und formuliert. Nun endlich ist es vollbracht; jetzt sind die Kommunalpolitiker dran, um dafür zu sorgen, dass wieder ein wenig mehr Platz frei wird in ihren Städten, wenn sich mehrere Menschen ein Auto teilen und vielleicht sogar auf ein eigenes verzichten.

Der Bund hat seinen Beitrag geleistet, nun sind die Politiker in Ländern, Städten und Gemeinden am Drücker. Es muss sich jetzt zeigen, ob der politische Wille zu einer effizienteren Nutzung von öffentlichem Straßenraum, wie ihn jetzt der Bund gezeigt hat, auch jeweils vor Ort besteht. Dafür ist es höchste Zeit.

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