Brennstoffzelle in der Schifffahrt:Eine Zelle für alle Fälle

Die Gütertransportbranche entdeckt zunehmend die Brennstoffzelle als idealen Antrieb der Zukunft. Sogar die Binnenschifffahrt bekundet jetzt ihr Interesse.

Michaela Geiger

Das waren noch Zeiten, als der Automobilhersteller BMW 2006 das erste serienreife Wasserstoffauto vorstellte: Die Welt staunte, doch nur Visionäre glaubten wirklich daran, dass Fahrzeuge mit Brennstoffzellen irgendwann massenhaft auf deutschen Straßen unterwegs sein könnten.

Gueterverkehr mit Binnenschiffen Brennstoffzelle

Wasser-Stoff: Die Brennstoffzellen-Technologie soll in absehbarer Zeit auch an Bord von Binnenschiffen zum Einsatz kommen.

(Foto: ddp)

Heute sind Brennstoffzellen - nach weiteren Entwicklungen und permanenten Verbesserungen der Technik - als saubere Energiequelle für die Mobilität der Zukunft nicht mehr wegzudenken, selbst wenn die Zahl der Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb nach wie vor übersichtlich ist.

Ihre Praxistauglichkeit beweisen Brennstoffzellenantriebe bereits im Öffentlichen Nahverkehr. Im Oktober des vergangenen Jahres startete beispielsweise das von der EU geförderte Projekt Chic (Clean Hydrogen in European Cities) mit dem Ziel, Wasserstoffbusse in fünf europäischen Städten (Bozen, Aargau, London, Mailand und Oslo) zu erproben. Die 26 Fahrzeuge sind komplett in den Alltagsbetrieb integriert und auf regulären Busstrecken unterwegs.

Ähnliche Versuche über mehrere Monate gab es zuvor bereits in Städten wie Berlin, Hamburg und Köln. In diesem ersten EU-Projekt namens HyFLEET:CUTE zeigten sich die Vorteile der neuen Technologie rasch: Die Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb stoßen, im Gegensatz zu Diesel-Hybridbussen, keinerlei klimaschädliche Schadstoffe wie Kohlendioxid (CO2) aus. Es wird lediglich klimaneutraler Wasserdampf freigesetzt. Auch die Lärmemissionen sind um ein Vielfaches reduziert.

Mit dem EU-Projekt Chic, das über fünf Jahre läuft, soll jetzt der Schritt in Richtung einer vollständigen kommerziellen Markteinführung von Wasserstoff-Omnibussen mit Brennstoffzellenantrieben gelingen - samt Aufbau der erforderlichen Wasserstofftankstellen und der zugehörigen Infrastruktur.

Umweltfreundliche Antriebe sind längst auch im Güterverkehr gefragt. Als eine der effizientesten Transportarten überhaupt gilt die Verfrachtung per Schiff. Aktuell sind dort noch viele ältere und wenig umweltfreundliche Dieselmotoren im Einsatz - ohne Abgasreinigung und ohne moderne Elektronik. Allerdings gelten hier andere Gesetze als etwa im Autobau: Das Gewicht spielt praktisch keine Rolle, der Antrieb sollte möglichst robust sein und so lange halten wie das Boot selbst, also 30 Jahre oder mehr.

Wasserstoffantriebe sind langlebig

Für ein Projekt der Universität von Birmingham in Großbritannien verwirklichte die Schweizer Forschungsanstalt Empa einen Brennstoffzellenantrieb für ein Kanalboot mit Namen Ross Barlow. Dieselmotor samt Getriebe und Tank wurden ersetzt durch einen hocheffizienten Elektromotor. Ein Batteriepack sorgt für die kurzfristige Energieversorgung, eine Brennstoffzelle neben Wasserstoffspeicher ist zuständig für das Nachladen der Batterien.

Mittlerweile ist das Schiff seit drei Jahren auf dem britischen Binnenkanalnetz unterwegs - problemfrei. Den Hydridspeicher (Wasserstofftank) für diese anspruchsvolle Langzeitlösung hatte Professor Andreas Züttel, Leiter der Empa-Abteilung Energie, Umwelt und Mobilität mit seinem Team schon 2003 entwickelt und bereits für verschiedene Testanwendungen zur Verfügung gestellt. "Er ist bis heute im Einsatz und funktioniert einwandfrei", sagt er, "wir waren selbst überrascht von der Langlebigkeit."

Der Prototyp dieses Wasserstoffantriebs könnte zur Serienreife für den Einsatz in der Binnenschifffahrt weiterentwickelt werden. "Das Interesse in der Industrie ist da", meint Züttel. Doch weitere Projektgelder gab es bisher nicht - "vielleicht, weil der Markt als zu klein gilt", vermutet er. Als Wissenschaftler ist ihm vor allem eines wichtig: "Wir haben auf dem Kanalboot die Machbarkeit des Wasserstoffantriebs für die Schifffahrt demonstriert."

Weitere nützliche Einsatzgebiete testen seit einiger Zeit Wissenschaftler in der Schweiz zusammen mit industriellen Partnern. Zum Beispiel eine Kehrmaschine namens Bucher CityCat H2, die 18 Monate lang im Projektbetrieb die Straßen in Basel reinigte. Christian Bach, Leiter des Bereichs Verbrennungsmotoren in der Forschungseinrichtung Empa erklärt: "Wir wollen die Brennstoffzellentechnologie vom Labor auf die Straße - also in die Praxis - überführen."

Dazu war es notwendig, Betriebs- und Alterungsverhalten der neuen Technologie unter normalen Alltagsbedingungen zu testen. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Der Brennstoffzellenantrieb der Kehrmaschine verbrauchte lediglich halb so viel Energie wie ein herkömmlicher Dieselantrieb.

Wasserstoff als Energieträger könnte langfristig auch Privathaushalte aus der Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle befreien. Dass dies in einem energieautarken Haus möglich ist, zeigten ebenfalls Schweizer Wissenschaftler in einem Empa-Projekt namens Self. Entwickelt wurde dabei ein Energiemodul auf Wasserstoffbasis zur autonomen Strom- und Wärmeversorgung von Berghütten.

Den hierzu benötigten Wasserstoff gewinnt man durch die Elektrolyse von Wasser, das mit Hilfe von elektrischer, über Solarmodule erzeugter Energie in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Der so gewonnene Wasserstoff wird in Tanks gespeichert. Aus diesen Wasserstoffreservoirs kann nun bequem der benötigte Wasserstoff abgezapft werden. Gekocht wird mit einem eigens entwickelten Katalyseherd ohne Flamme, der ebenfalls mit Wasserstoff funktioniert: Die Keramik der Kochfläche erhitzt sich von selbst, sobald Wasserstoff einströmt.

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