Brenner-Basistunnel:Monumentales Superloch

Der Spatenstich für den 56 Kilometer langen Brenner-Basistunnel ist erfolgt - die richtigen Bauarbeiten beginnen dennoch erst in zwei Jahren.

Von Julius Müller-Meiningen

Mauro Moretti von der italienischen Eisenbahngesellschaft fasste das Ereignis in blumige Worte. "Hier wird die Zukunft unseres Landes durchrollen", sagte der Manager am Montag beim Beginn der Arbeiten zum Brenner-Basistunnel in Franzensfeste. Moretti meinte damit nicht die vielen Tonnen Hausmüll, die wegen der immer noch nicht gelösten Müllkrise um Neapel über die Alpen nach Deutschland transportiert werden. Der Eisenbahnmann bezog sich auf das bedeutende Verkehrsprojekt, das nicht nur dem italienischen und dem europäischen Handel zugute kommen, sondern zugleich die Umwelt und die vom Lkw-Verkehr geplagten Anlieger in Tirol und Südtirol entlasten soll. "Dieses Werk wird Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte bestehen", so Moretti in einem Anflug von Pathos. Bei der Zeremonie war auch der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano anwesend.

Sechs Milliarden Euro soll er kosten

Im Stile eines Staatsaktes begannen die Arbeiten für den neuen Bahn-Tunnel, der von Innsbruck in Tirol bis Franzensfeste in Südtirol reichen soll. Die ersten Bohrungen für den später einmal 56 Kilometer langen Tunnel sind vorläufiger Art und sollen den Bau der Trasse vorbereiten. Man will zunächst die geologischen Bedingungen untersuchen, bevor in gut zwei Jahren der eigentliche Tunnel gebohrt wird. Die Projektverantwortlichen der österreichisch-italienischen Tunnelbaugesellschaft BBT wollen damit explodierende Kosten und unterirdische Überraschungen vermeiden.

Ob ihnen das gelingen wird, ist offen. Jedenfalls nehmen Beobachter die mit sechs Milliarden Euro angegebenen Investitionen eher als Ausgangspunkt denn als feste Ziffern. Nach unterschiedlichen Schätzungen werden die Kosten mit allen Zufahrtsstrecken eher zwischen 20 und 40 Milliarden Euro liegen. Frühestens in 14 Jahren wird der Tunnel fertig sein. Die Kosten wollen sich Italien und Österreich teilen. Die EU hat bis 2013 eine Beteiligung an den Baukosten in Höhe von 786 Millionen Euro zugesichert.

Monumentales Superloch

Erklärtes Ziel der Verantwortlichen aus Italien und Österreich ist es, den Lkw-Transitverkehr auf der Brenner-Autobahn zu reduzieren und mehr Waren per Bahn zu transportieren. Zwei Millionen Lkws pro Jahr werden auf der Brennerstrecke gezählt. 400 Züge am Tag sollen den Tunnel in Zukunft durchfahren, davon 320 Warentransporte sowie 80 Personenzüge. Die Fahrt von Innsbruck nach Bozen wird dann nicht mehr zwei Stunden, sondern nur noch 50 Minuten dauern.

1500 Arbeiter werden in den nächsten Jahren eingesetzt, um diesen Plan zu verwirklichen. Die Brennertrasse ist die meistbefahrene Transitstrecke Italiens und das Mittelstück auf dem Transportweg von München in Richtung Verona. So groß die strategische Bedeutung der Strecke ist, deren Befahrung nun durch den Basistunnel erleichtert werden soll, so groß ist auch die Zahl der Kritiker des Projekts.

Zuletzt marschierten vor zehn Tagen etwa 1000 Demonstranten durch das Ortszentrum von Trient und protestierten gegen den Beginn der Arbeiten. "Der Tunnel wird die Probleme nicht lösen, die Lastwagen werden nicht weniger, die Natur wird unnötigerweise zerstört. Das Projekt ist reine Geldverschwendung", kritisiert der Brixener Grünen-Abgeordnete Markus Lobis. Seine Tiroler Partei-Kollegen auf österreichischer Seite sehen das ähnlich und haben sich gegen den Bau ausgesprochen. Tatsächlich ist unklar, ob sich durch den Basistunnel der Autobahnverkehr verringern wird.

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