Bombardier CRJ1000:Das Ende des Machbaren

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Mit dem neuen Regionaljet "CRJ1000", der Platz für bis zu 104 Passagiere hat, stößt Bombardier an die Grenzen des Ausbaus dieser erfolgreichen Flugzeugfamilie.

Andreas Spaeth

Es ist der Höhepunkt einer einzigartigen Erfolgsgeschichte: Der kanadische Flugzeugbauer Bombardier in Montréal hat vor wenigen Tagen sowohl von der heimischen Luftfahrtbehörde als auch vom europäischen Pendant EASA die Zulassung für den Regionaljet CRJ1000 bekommen, der bis zu 104 Passagieren Platz bietet.

Groß-Tat: 39 Meter lang und 2500 Kilometer Reichweite - der Regionaljet CRJ1000. (Foto: Bombardier)

Damit aber dürfte das unaufhaltsame Wachstum dieser Flugzeugfamilie, das seit 1978 anhält, am Ende des Machbaren sein. Denn vor 32 Jahren wurde der Ur-Typ, das Geschäftsreiseflugzeug Challenger, vorgestellt; Maschinen dieses Baumusters sind derzeit zum Beispiel noch bei der Flugbereitschaft der deutschen Luftwaffe im Einsatz, sind wegen ihrer Pannen immer wieder in der Kritik und sollen deshalb demnächst abgelöst werden.

Die Challenger, die maximal 19 Passagiere befördern kann und gut 20 Meter lang ist, war die Initialzündung nicht nur für immer größer werdende Regionaljets, sondern auch für einen neuen Markt im Luftverkehr, den Erstkunde Lufthansa City Line 1992 mit dem Linieneinsatz des Canadair Regional Jets (CRJ) eröffnete.

Bis dahin waren in diesem Segment nur Propellerflugzeuge zu finden. Doch mit den kleinen Jets, von denen bis heute insgesamt rund 1500 Stück gebaut wurden, veränderte sich der Regionalflugverkehr radikal - die Passagiere erwarteten auch auf den Kurzstrecken Jet-Komfort.

Insgesamt viermal wurde der Ur- Rumpf der Challenger gestreckt: Man baute immer längere Röhren, vergrößerte die Tragflächen, setzte stärkere Triebwerke und robustere Fahrwerke ein. Aber einem Baukasten ähnlich, blieb das Konstruktionsprinzip - zwei Triebwerke am Heck und T-förmiges Leitwerk - gleich.

In der Fabrik von Mirabel werden alle vier aktuellen CRJ-Versionen auf einer Produktionsstraße gefertigt. Und dieses System ist so flexibel, dass Kunden noch 13 Monate vor der Lieferung die gewünschte Version ändern oder modifizieren können.

Die neue CRJ1000 ist mit 39,10 Meter nun fast doppelt so lang wie die Challenger. Trotzdem, und das ist eines der Erfolgsgeheimnisse, können Piloten alle CRJ-Typen - von der kleinen 200 bis zur großen 1000 - mit nur einer Typenzulassung und nach minimaler Umschulung fliegen.

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"Unser Fokus ist bei allen Varianten gleich - in hoher Qualität belastbare Arbeitspferde zu bauen, die optimal für ihre Märkte geeignet sind", erklärt Jean-Guy Blondin, CRJ-Programmdirektor. Weltweit mehr als 60 Fluggesellschaften setzen heute CRJs ein; seit 2007 ist die sogenannte Nächste Generation auf dem Markt, die sich in vielen Details an modernen Großraumflugzeugen orientiert. Rund 550 der NextGen-Reihe wurden bereits in den Werkhallen in Mirabel nördlich von Montréal gebaut.

Blick ins Cockpit des neuen Bombardier-Regionaljets. (Foto: Bombardier)

Lufthansa und ihre Regionaltöchter wie Eurowings bekamen bis heute insgesamt 104 Flugzeuge aller CRJ-Baureihen geliefert; die neue CRJ1000 allerdings haben die Deutschen noch nicht bestellt.

Bisher stehen gerade mal 49 dieser Maschinen bei Bombardier im Orderbuch, bestellt von Europas treuesten CRJ-Kunden Air Nostrum in Spanien und Brit Air in Frankreich. Der spanische Erstkunde wird spätestens Anfang Januar die erste CRJ1000 in den Liniendienst stellen.

Aber bei Bombardier ist man zuversichtlich, dass die Bestellzahlen steigen werden - weiß man doch, dass fast alle Kunden wegen der großen Kommunalität in der Typenfamilie irgendwann auch die nächstgrößere Version ordern werden.

"Für uns muss es kein Bestseller werden, um erfolgreich zu sein", so Blondin, "das sind einfach die idealen Flugzeuge für Strecken, die durchschnittlich eine Flugzeit von einer Stunde und 20 Minuten aufweisen."

Im Vergleich zur CRJ900 wurde die neueste Variante nochmals um weitere 2,95 Meter verlängert, was bis zu vier zusätzliche Sitzreihen erlaubt. Zugelassen ist der Zweistrahler für maximal 104 Passagiere - Potential, das mutmaßlich nicht von allen genutzt werden wird. "Die meisten der potentiellen Betreiber werden wohl unterhalb von 100 Sitzen bleiben, weil sonst ein weiterer Flugbegleiter in der Kabine vorgeschrieben ist", erklärt Blondin.

Ausgestattet mit zwei Prozent mehr Schub sowie längeren und vergrößerten Tragflächen liegt die Reichweite des Neulings bei 2500 Kilometer - Casablanca, Istanbul, Moskau oder Reykjavík sind so voll beladen vom Frankfurter Flughafen aus erreichbar.

© SZ vom 29.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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