BMW-Veredler Alpina:Boliden und Bordeaux

Alpina, BMW, Wein, IAA

Alpina auf der IAA 2013. Doch die Allgäuer bieten mehr als nur schnelle Autos.

(Foto: dpa-tmn)

Der Autohersteller Alpina aus dem Ostallgäu hat ein einzigartiges Geschäftsmodell: Er baut nicht nur BMW-Modelle, sondern handelt auch mit teuren Weinen. So ist die Firma bisher erstaunlich gut durch alle Krisen gekommen.

Von Michael Kuntz

Das sieht so nur bei Alpina in Buchloe aus: Der Weg in das Chefbüro des Autoherstellers führt erst einmal durch die Weinabteilung. Deren Leiter hat seinen Bildschirm auf eine Holzkiste, in der früher Bordeaux-Weine transportiert wurden, gestellt. Daran vorbei geht es in der ersten Etage durch das Sekretariat zum Eckbüro von Firmengründer Burkard Bovensiepen. Modern eingerichtet steckt es voller Souvenirs von den Auto-Rennstrecken dieser Welt. Senior Bovensiepen kommt mit 77 Jahren noch fast täglich hierher. Es sind nur ein paar Schritte vom Wohnhaus auf dem Firmengelände ins Büro. Burkard Bovensiepen geht seinen eigenen Weg - früher und heute.

Individualität ist das Markenzeichen bei der Alpina Burkard Bovensiepen GmbH + Co. KG, der Firma mit 200 Beschäftigten und einzigartigem Geschäftsmodell: Man stellt individuelle Autos auf der Basis aktueller BMW-Modelle her, die auch auf der Frankfurter Automesse IAA zu sehen sind - und man handelt mit hochwertigen Weinen. Die Kombination ist einmalig in der Autoindustrie. Die Großen betreiben zwar auch allerlei Nebengeschäfte. So gibt es Fahrräder und Bobby-Cars für Kinder von BMW. Volkswagen produziert passend zu den Currywürsten aus eigenen Metzgereien einen Gewürzketchup, der sogar in niedersächsischen Edeka-Läden erhältlich ist.

Menschen mit gehobenen Ansprüchen

Das Edle, das Savoir-vivre, ist es, was die beiden Bereiche der Bovensiepen-Geschäftswelt verbindet. Wer ein individualisiertes Auto mag, lässt sich das etwas kosten. Er gibt für einen BMW Alpina zwischen 55.000 und 150.000 Euro aus. Dieser Mensch mit gehobenen Ansprüchen und dem passenden Geldbeutel begnügt sich dann auch nicht mit Wein aus dem Supermarkt. Dort kostete im vorigen Jahr eine Flasche durchschnittlich 2,04 Euro. In dieser Liga spielt Alpina nicht. Hier geht es los bei sieben Euro, und auf der nach oben offenen Bovensiepen-Skala kann die Magnumflasche Château Lafite von 1982 schon mal einen fünfstelligen Betrag kosten, allerdings dann doch deutlich weniger als das preisgünstigste Automobil made in Buchloe.

Hier sieht es auf dem Firmengelände zu-nächst mal aus wie beim Neuwagenhändler anderswo. Im Showroom können die passioniertesten unter den Alpina-Freunden ihr vielleicht mit rotem Leder veredeltes Hochleistungs-Fortbewegungsmittel persönlich abholen und dabei einen Blick auf die eindrucksvolle Sammlung von Pokalen werfen.

Die Wölfe im Schafspelz wollen dann domestiziert werden: Beherrschung durch Selbstbeherrschung. Einzigartige Schaltknöpfe am Lenkrad und das Wechselspiel von Gaspedal und Bremse wollen eingeübt sein. Am Auto liegt es selten, wenn der Fahrspaß eingetrübt sein sollte. Denn Alpina beliefert BMW mit eigenen Teilen, mit denen bei BMW am Fließband statt einem Serienfahrzeug der Rohbau für einen BMW Alpina montiert wird.

Die Veredelung folgt dann in Buchloe: Extra starker Motor, besonders hochwertige Materialien im Innenraum, ein dezentes Dekor außen. Auf letzteres verzichten viele Käufer in Deutschland, schließlich soll nicht jeder gleich sehen können, mit was für einem besonderen Flitzer der Vielreisende unterwegs ist. Alpinas sind keine Sonntagsautos, ihre Fahrer kommen pro Jahr auf mindestens 30 000 Kilometer und legen oft lange Autobahnstrecken zurück - vorwiegend zügig.

Amerika und Asien sind die Hauptmärkte

Gut im Geschäft mit den Wölfen im Schafspelz ist Alpina seit Jahren in Amerika, jedes dritte Auto reist über den Atlantik zu seinem Käufer, jedes fünfte geht nach Asien. Demnächst auch nach China. Strategische Entscheidungen im Autobereich fällt der sehr präsente Patriarch inzwischen gemeinsam mit seinen Söhnen Andreas, 51, und Florian, 47, die beide ebenfalls Geschäftsführer sind.

Man will die Produktion von heute 1200 auf 1500 Fahrzeugen steigern, sagt Burkard Bovensiepen. Allerdings kommuniziert er dieses Ziel schon seit ein paar Jahren. Die weltweite Finanzkrise war mit deutlich weniger Lust auf Luxusautos verbunden und hemmte die Wachstumspläne. Alpina hat die Absatzflaute anders als der andere BMW-Veredler Wiesmann bis heute überstanden. Aber: 2009 war bei Alpina das erste und bisher einzige Geschäftsjahr mit einem Verlust. Nun läuft es wieder besser. Mit Autos wird Alpina in diesem Jahr zwischen 60 und 70 Millionen Euro umsetzen, mit Wein zwischen 12 und 15 Millionen Euro.

Der Weinhandel war einst mit den Gewinnen aus dem Autogeschäft aufgebaut worden. Das hatte 1962 mit der Lieferung einer Vier-Vergaser-Anlage für den BMW 1500 begonnen. Es folgten eigene Motoren und Autos, spektakuläre Siege im Rennsport, das Alpinablau für den Lack, die gestreifte Firmenkrawatte. Das zuständige Bundesamt führt Alpina seit 1983 als Fahrzeughersteller. Den einzigen mit Teilelager plus Weinlager. "Wir kennen keinen anderen", sagt der Senior.

In der globalen Autokrise 2009 erwies sich der Weinhandel als ertragreiches Investment. Bei Renditen im Fahrzeugbau von fünf Prozent mit Schwankungen von plus/minus zwei Prozent und im Weinhandel deutlich über zehn Prozent verdient Alpina in manchen Jahren mit Wein mehr Geld als mit den Autos.

In dieses Holzfass würde ein Auto passen

Vom Showroom für die Autos geht es im geräumigen Lastenfahrstuhl abwärts in den Showroom für den Wein, ein großzügiges Gewölbe. Der Blick fällt als erstes auf ein Holzfass, in das fast ein Auto passen würde. Das Dekorationsstück kam erst in den Keller, dann wurde die Betondecke gegossen. Die eigentlichen Schätze, jedenfalls was die Menge angeht, lagern nicht hier, sondern in zwei wohltemperierten Hallen hinter der hermetisch abgeriegelten Entwicklungsabteilung der Autoschmiede. Die Temperatur bleibt zwischen zehn und zwölf Grad, also deutlich unter den 19 Grad, wie sie in Supermärkten üblich sind. Von großen Weinen sind bis zu 20 Jahrgänge vorrätig.

Angefangen hatte Bovensiepen seinen Weinhandel übrigens vor fünfzig Jahren, als er nach Autorennen die Hohlräume im Renntransporter mit Weinflaschen füllte, zunächst italienischen. Irgendwie hängen Weine und Autos hier also doch von Anfang an zusammen.

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