BMW 750i:Mit dem Computer auf du und du

Elektronische Helfer an Bord, wohin man schaut und hört - nur fahren muß man noch selbst

(SZ vom 22.02.1995) 'Sie verlassen das digitalisierte Gebiet,' verkündet uns eine Computerstimme. Nein, wir befinden uns nicht auf einer Reise in den Cyberspace, sondern auf der Suche nach einem Café, um den Sonntagsausflug abzurunden. Auf der kleinen Landstraße, wo das Schild in Richtung 'Wald-Café' gestanden war, hatte das Navigationssystem im BMW 750i noch genau gewußt, wo wir uns befanden - jetzt aber scheint der Bordcomputer mit seinem Latein am Ende zu sein. Doch auf dem Monitor, der auf der Mitte des Armaturenbretts angebracht ist, erscheint auf einmal der Ausschnitt einer Landkarte, die wir bis zu einem Maßstab von 100 Meter vergrößern können. Und ein kleiner Kreis symbolisiert, in welche Himmelsrichtung wir uns mit dem Luxus-Liner aus München gerade bewegen. Da es nur eine kleine Straße gibt, hätten wir unseren wohlverdienten Kuchen zwar auch ohne elektronischen Assistenten bekommen - aber so hat es einfach mehr Spaß gemacht.

Das Navigationssystem im Flaggschiff der Münchner ist nur einer von zahllosen Hightech-Helfern, die den Umgang mit der Limousine leichter und sicherer machen sollen. BMW hat alles in seine Nobel- Limousine hineingepackt, was gut und natürlich auch teuer ist: die modernste Evolutionsstufe der Traktionskontrolle (DSC II), eine 'mitdenkende' Automatikschaltung, elektronische Dämpferkontrolle und - gegen Aufpreis - Sensoren, die beim Einparken den Abstand zu Vorder- und Hintermann überwachen sowie besagten Monitor mit dem schlichten Namen 'Multi-Informationdisplay' (MID), der mit seiner Leistungsvielfalt jeden PC im Büro alt aussehen läßt.

Vor allem für technisch interessierte Fahrer oder Fahrerinnen ist das MID ein Quell wahrer Begeisterung. Einfach zu bedienen, werden hier verschiedene Funktionen integriert: ein Fernseher - die Programme können allerdings während der Fahrt nicht verfolgt werden ('Zu Ihrer Sicherheit TV nur im Stand') -, der Bordcomputer, das Radio, die Bedienung des Telephons und der Standheizung (falls vorhanden), und die Satellitennavigation. Wer nun auf viele Knöpfe hofft, wird enttäuscht: Die Bedienung erfolgt über einen Knopf, der gedreht und gedrückt werden muß.

Firlefanz oder Erleichterung?

In der Praxis hat sich das Navigationssystem hervorragend bewährt: Es findet zwar nicht immer die optimale Route (wobei optimal die kürzeste oder die am wenigsten befahrene heißen kann), führt einen aber zum Beispiel in einer Stadt, in der man noch nie gewesen ist, sicher zum Ziel. Dabei hegt das System auf Überlandfahrten eine große Vorliebe für Autobahnen - so ist die Software scheinbar programmiert.

Über Koppel- und Satellitennavigation (an Bord ist ein Empfänger für das Global Positioning System GPS), und die Daten, die die Sensoren des ABS-Systems liefern, kann der Bordrechner (meistens) die Position des Fahrzeugs auf zehn Meter genau orten. Von einer Compact Disc, deren Lesegerät im Kofferraum untergebracht ist, werden dann die entsprechenden Straßennamen auf den Monitor gebracht: Wo man sich gerade befindet, wie die nächste Kreuzung heißt und wie weit es dahin ist, und wo man hin will.

Lenkt solcher 'Firlefanz' nicht zu sehr von der Konzentration auf den Straßenverkehr ab? Wenn der Blick nicht ständig fasziniert zum Bildschirm schweift, nein. Denn die Fahrtroute wird auch über Sprachmeldungen ausgegeben, die manchmal ein bißchen nach Kasernenhofton klingen: 'Weiter vorne rechts abbiegen', kündigt das Navigationssystem ein Abbiegemanöver an, und bescheidet bei der Ankunft kurz und bündig: 'Ziel erreicht!' In den allermeisten Fällen hat dies während unserer Feld(ver-)suche auch gestimmt, nur in unserer Heimatstadt wollte sich der Rechner partout nicht zurechtfinden. Naja, macht nichts, die kennnen wir ja selbst sehr gut.

Natürlich ist der 750i viel mehr als ein Auto, das um elektronische Gimmicks herum gebaut worden ist. Er ist eine Reiselimousine par excellence, die allerdings in jeder Hinsicht ihren Preis hat: Das beginnt bei den Anschaffungskosten von mindestens 148 000 Mark (Basisausführung) und endet bei den Tankrechnungen: Der Zwölfzylindermotor mit 5,4 Liter Hubraum und einer Leistung von 240 kW (326 PS) verbrauchte bei moderater Fahrweise unter winterlichen Bedingungen knapp 18 Liter Super bleifrei auf 100 Kilometer.

Dafür widerlegt der 750i das alte Vorurteil, daß Winter und BMW nicht zusammenpassen: Auch ohne Sandsack im Kofferraum drehten die angetriebenen Hinterräder kaum einmal durch - die Elektronik regelt einfach die Leistung zurück und bremst das entsprechende Rad ab, wenn Schlupf entsteht. Kraft steht in jeder Lebenslage in Hülle und Fülle zur Verfügung: Die 100 km/h-Marke kann nach 6,6 Sekunden passiert werden; das maximale Drehmoment von 490 Nm liegt bei 3900/min an. Die Fünfgang-Automatik schaltet nahezu ruckfrei, so daß der Wusch nach einer manuellen Schaltung gar nicht erst aufkommt.

Insgesamt ist dieser Siebener eine der besten Reiselimousinen, die wir kennen - aber nicht die komfortabelste. Das nahezu perfekte Gleiten beherrscht die S-Klasse von Mercedes-Benz besser, dafür ist der BMW ganz klar das fahraktivere Auto. Wer üppigen Raumkomfort auch im Fond genießen will, wird mit dem normalen Siebener allerdings nicht ganz zufrieden sein. Aber es gibt ja die Langversion750iL, die allerdings auch den Preis auf mindestens 168 000 Mark streckt.

Von Otto Fritscher

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