BMW C 1:Das überdachte Motorrad

In aller Heimlichkeit hat BMW die alte Stylingstudie perfektioniert

(SZ vom 27.08.1997) Kurz vor der IAA verdichten sich die Gerüchte, daß BMW dort einen Prototyp seines Stadtfahrzeuges C 1 präsentieren könnte. Anlaß dafür könnte die Smart-Präsentation sein. Auch wenn der Smart - das Projekt des Swatch-Uhrenherstellers Nicolas Hajek und Mercedes-Benz - und der C 1 technisch nichts miteinander zu tun haben, so könnten sie doch beide eine Antworten auf die Frage geben, wohin die Mobilitätskonzepte für den Stadtverkehr der Zukunft gehen.

Der an einen überdachten Motorroller erinnernde C 1 war als Designstudie erstmals 1992 auf der IFMA in Köln zu sehen gewesen. Seither ist es in der Öffentlichkeit um das futuristisch gestylte Ding leise geworden. Doch BMW ist nicht untätig geblieben: In aller Stille wurden mehrere Prototypen entwickelt, mit denen Testfahrten laufen und Crashversuche durchgeführt wurden.

Denn der Witz des C 1 ist es, daß er beim Unfall autoähnliche Sicherheit bieten soll. Deshalb versucht BMW auch, eine Befreiung von der Helmtragepflicht zu erreichen. Die Begründung für den Vorstoß liegt darin, daß der C 1-Fahrer mit einem Gurt im Sitz gesichert ist. Wie man hört, zeigten sich Vertreter des Bundesverkehrsministeriums beeindruckt von Videos der Crashversuche.

Bei dem für die IAA erwarteten Ausstellungsstück dürfte es sich um einen fahrbereiten Prototyp handeln. Von der Serienreife ist er aber noch ein ganzes Stück entfernt, denn dem Fahrzeug müssen - als Einstiegsmodell denkt man an einen Einzylinder-Viertaktmotor mit 125 Kubikzentimetern Hubraum - auch bei Smogalarm fahren dürfen. Das bedingt die Verwendung eines Viertaktmotors mit geregeltem Katalysator. Die dafür erforderliche Motorelektronik ist weltweit derzeit nicht verfügbar. Da BMW auch auf hohe aktive Sicherheit Wert legt, soll der C 1 ein (möglicherweise vereinfachtes) ABS bekommen, das ebenfalls noch entwickelt werden muß. Der Preis des C 1 darf - soll er am Markt eine Chance haben - die von den Luxusrollern markierte Preisobergrenze von rund 10 000 Mark nicht oder nur unwesentlich überschreiten.

BMW räumt dem motorisierten Zweirad im Innenstadt- und Vorortverkehr große Chancen ein, weil ein Einspurfahrzeug prinzipbedingt weitaus weniger stauanfällig ist als ein noch so kleines Zweispurfahrzeug. Auch gilt die Parkproblematik für Einspurfahrzeuge nur in abgeschwächter Form. Für wichtig hält man aber hohe Unfallsicherheit und einen akzeptablen Wetterschutz. Die tolerierten Freiheiten des Zweirades, in allen verkehrsbelasteten Städten Europas unübersehbar, sprechen dafür, daß BMW das Projekt C1 weiterverfolgt - die Serienreife ist allerdings wohl nicht vor dem Ende dieses Jahrtausends zu erwarten.

Von Ulf Böhringer

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: