Blech der Woche (18): Volvo PV 544:Schön rund gemacht

Karl-Heinz von Thühlen musste für seinen Traum vom unverwüstlichen Buckel-Volvo nicht lange auf die Suche gehen - er stand einfach in Nachbars Garten. Manchmal liegt das Gute doch so nah.

In der Serie "Blech der Woche" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Old- und Youngtimer vor - frei nach den Motti: Alte Liebe rostet nicht, oder: Liebe geht durch den Wagen. Schließlich ist die Beziehung von Mensch und Maschine eine unendliche Geschichte voller Leidenschaften.

Blech der Woche (18): Volvo PV 544: Stand einfach so auf dem Nachbargrundstück: der begehrte Buckel-Volvo

Stand einfach so auf dem Nachbargrundstück: der begehrte Buckel-Volvo

(Foto: Foto: Carsablanca)

"Suchen Sie nicht nach dem Oldtimer, der gerade in ist. Suchen Sie nach dem, der in Ihnen drin ist!" Diesen Rat gab der legendäre Motorjournalist und Freund alten Blechs Fritz B. Busch seinen Lesern schon vor fast einem Vierteljahrhundert. Carsablanca-Mitglied Karl-Heinz von Thülen (Kalle-544) musste nicht lange suchen. Der Oldtimer, der in ihm "drin" war, stand auf dem Nachbargrundstück, seit der Sohn jenes Nachbarn ihn Anfang der neunziger Jahre aus seiner Wahlheimat im Norden von Schweden mitgebracht hatte - dort, wo es kein Salz auf den Straßen gibt und in Folge dessen viele gut erhaltene Oldtimer.

Der alte Schwede erfreute sich bei seinen deutschen Eigentümern durchaus großer Beliebtheit - und war doch immer nur die Nummer zwei. Die Rolle des Favoriten nahm ein Saab 96 mit Ford V4 Motor ein. Und genau diese Situation führte nach fünf Jahren bei der Nachbarsfamilie zur Entscheidung, den Bolvo-'Buckel' zu verkaufen. Der Saab war ihnen einfach mehr ans Herz gewachsen.

Karl-Heinz von Thülen hörte bei einem Gespräch am Gartenzaun von den Verkaufsplänen. "Ich war schon länger heiß auf so einen Wagen. Und so habe ich mir gedacht, bevor dieses gut erhaltene Exemplar, dessen Zustand ich bereits kannte, irgendwo hin in die Fremde verkauft wird, übernehme ich ihn."

Mit dem Nachbarn wurde sich der Mann aus dem niedersächsischen Landkreis Wesermarsch rasch einig, ein Handschlag besiegelte den Kauf. Künftig parkte der rote Volvo also in einer Garage auf der anderen Seite des Gartenzauns, ansonsten änderte sich wenig für den zu diesem Zeitpunkt bereits 32 Jahre alten Schweden. Allenfalls wurde er noch schonender und weniger bewegt als bisher. Eine Jahresfahrleistung von 5000 Kilometern gibt der neue Besitzer heute als Durchschnitt an.

Schön rund gemacht

Karl-Heinz von Thülen hatte in mehrfacher Hinsicht Glück. Nicht nur, dass der rote Buckel tatsächlich in dem guten Zustand war, den sein Erwerber erwartet hatte. Mehr noch: Der alte Schwede, Baujahr 1965, hatte sogar ein stärkeres Herz als gedacht - ein nordischer Vorbesitzer hatte den Motor seinerzeit von 1,8 Litern Hubraum auf zwei Liter vergrößern lassen, so dass er nun über 100 PS leistete. Der Kauf führte auch nicht, wie bei vielen frisch gebackenen Oldtimerfans üblich, zu einer Partnerschaftskrise. Von Thülens Lebensgefährtin und ihre beiden Söhne brachten dem Zuwachs in der Garage durchaus Sympathien entgegen.

"So weit, dass sie mich auf größeren Ausfahrten begleiten, geht die Liebe aber nicht.", lächelt der Norddeutsche. Das ist allerdings auch verständlich, wenn man weiß, was von Thülen unter "größeren Ausfahrten" versteht: "In den letzten Jahren war ich regelmäßig auf den Volvo-Treffen in Schweden, die immer bei Göteborg stat finden. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel die Störa Holm Test Aerea, das ehemalige Volvo-Testgelände, besichtigt , und ein unterirdisches Flugzeugmuseum."

Aber erst in diesem Jahr hat von Thülen, auch aktives Mitglied im Volvoclub Deutschland, als Volvo-Oldtimerfahrer die Krone aufgesetzt. "Zusammen mit einigen Kollegen aus der Bremer Volvo IG bin ich mit dem Buckel zum Volvo Meeting VOMAC am Polarkreis gefahren. Wir haben in 10 Tagen fast viereinhalbtausend Kilometer zurückgelegt, davon eine ziemliche Strecke auf vereisten Pisten."

Dafür hatte von Thülen im Internet bei einem "Hardcoreschrauber", wie er sagt, einen Satz Dubdacks ersteigert - Spikesreifen, wie sie hierzulande schon seit Jahrzehnten verboten sind. Als er sie bei dem Verkäufer in Mittelschweden in Empfang nahm, war er zunächst entsetzt: "Die Dinger waren fast so alt wie mein Wagen, stammten aus den späten sechziger Jahren!" Doch die Uralt-Pneus Marke Trelleborg machten einen Vertrauen erweckenden Eindruck und überstanden die Tour problemlos.

Schön rund gemacht

Hinweis

carsablanca.de
Dieser Artikel basiert auf einer Kooperation von sueddeutsche.de mit carsablanca.de.

An ihnen lag es nicht, wenn der Niedersachse manches Mal am Steuer Blut und Wasser schwitzte: "Auf diesen nordschwedischen Eispisten sind Geschwindigkeiten zwischen 80 und 90 km/h durchaus üblich. Wenn du da nicht als Verkehrhindernis gelten willst, musst du dich anpassen!" Der Volvo, Baujahr 65, und sein fast ebenso viele Jahre zählender Fahrer überstanden die Fahrt jedoch heil - oder zumindest fast, wie von Thülen schmunzelnd erklärt: "Die einzige Panne ereilte mich auf der Heimfahrt, 20 Kilometer vor meinem Heimatort Elsfleth. Da fiel die Benzinpumpe vom Motorblock ab, weil sich zwei Schrauben gelöst hatten. Nach halbstündiger Reparatur haben wir dann den kleinen Rest der Strecke auch noch geschafft."

Selbst Hand anzulegen, ist für den Elektromeister aus der Wesermarsch logischer Teil des Oldtimer-Hobbys. Er hält sich zwar nicht für einen Virtuosen der Schweißpistole und würde auch eine Motorüberholung einem Fachmann überlassen, doch die üblichen Wartungsarbeiten und kleinere Instandsetzungen erledigt er selbst: "Neulich war das Heizungssystem leicht undicht. Das habe ich dann eben gelötet."

Auch die Autogasanlage im Kofferraum hat von Thülen selbst eingebaut - und sich anschließend einen Prüfer gesucht, bei dem diese Modifikation keinen Konflikt mit den Bedingungen des längst erteilten H-Kennzeichens darstellte. Bei der Marathon-Tour zum Nordcup war der Nutzen allerdings begrenzt, denn in Schweden ist das Netz von Autogastankstellen sehr dünn, im Norden des Landes faktisch nicht existent. Dennoch ist der Buckel-Fan davon überzeugt, dass sich diese Investition auf Dauer rechnet - bei weiter steigenden Treibstoffpreisen ...

Volvo PV 544: Bauzeit 1958-1965; Zylinder: 4; Hubraum: 1585/1778 ccm; Leistung: 66 bis 95 PS; Höchstgeschwindigkeit 140 bis 160 km/h; Verbrauch: 7-10 Liter/100 km

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