Blech der Woche (56): Fiat X1/9 / Datsun Laurel:Äpfel und Birnen

Zwei Autos die unterschiedlicher nicht sein könnten: ein Datsun Laurel und ein Fiat X1/9. Der Besitzer erzählt, warum er beiden etwas abgewinnen kann - und sich doch für einen entscheiden musste.

In der Serie "Blech der Woche" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Old- und Youngtimer vor - frei nach den Motti: Alte Liebe rostet nicht, oder: Liebe geht durch den Wagen. Schließlich ist die Beziehung von Mensch und Maschine eine unendliche Geschichte voller Leidenschaften.

Blech der Woche (56): Fiat X1/9 / Datsun Laurel: Datsun Laurel und Fiat X1/9: zwei typische Wagen aus den achtziger Jahren

Datsun Laurel und Fiat X1/9: zwei typische Wagen aus den achtziger Jahren

(Foto: Foto: Carsablanca)

Eine Doppelgarage, darin zwei Pkws. Beide wurden um 1980 gebaut, beide sind ab Werk in goldmetallic lackiert, beide haben etwas über 80 PS, deren Kraft sie mittels Fünfganggetriebe über die Hinterräder auf die Straße bringen. Außerdem gehören beide demselben Eigentümer, nämlich mir. Sie werden abwechselnd mittels 07er-Sammlernummer bewegt - und von beiden behaupte ich ernsthaft, dass sie Spaß machen: soweit die Gemeinsamkeiten.

Ansonsten aber könnten die beiden Wagen, die in meiner Doppelgarage im Dortmunder Süden stehen, unterschiedlicher kaum sein. Der eine ist ein Europäer, der andere ein Asiate - und hat es daher schon durch seine Herkunft schwer, in der Szene anerkannt zu werden.

Der Italiener ist ein Sportwagen, rassig, wie man es den Männern seines Herkunftslandes nachsagt: ein flacher Keil mit Klappscheinwerfern, einem Mittelmotor und zwei Sportsitzen. Der Japaner ist in der oberen Mittelklasse angesiedelt, eine Reiselimousine in klassischer Stufenheckform, viertürig und ein echter Fünfsitzer.

Abruzzen-Pony gegen Samurai-Pferd

Der Datsun verwöhnt seine Insassen mit einer Menge Bequemlichkeiten, während der Flitzer aus dem Hause Bertone aufs Wesentliche reduziert wurde: Selbst einen Bremskraftverstärker sucht man vergebens, eine Servolenkung sowieso. Aber die würde auch nicht zu ihm passen, denn die sehr direkte Lenkung des Fiat X 1/9 vermittelt einen guten Kontakt zur Straße und verführt zu recht eckigen Lenkbewegungen. Dazu passt die niedrige Sitzposition in dem gut konturierten Kunstledergestühl mit integrierten Kopfstützen.

Sein Garagennachbar ist mit seinem Baujahr 1981 nur zwei Jahre jünger, aber er repräsentiert eine ganz andere Art der Fortbewegung. Wo der kleine Italiener mit der Vehemenz von 85 temperamentvollen Abruzzen-Ponies flott voranstürmt, geben sich die 84 Samurai-Pferde unter der langen Haube des Datsun Laurel recht kaltblütig, denn sie wohnen einem Sechszylinder-Dieseltriebwerk inne.

So unterschiedlich die Fahrzeuge sind, so verschieden ist auch ihr Einsatzzweck. Der X 1/9 dient vor allem dem Spaß am Fahren. Dabei findet er seine Bestimmung abseits der Autobahnen, sein bevorzugtes Revier sind die kurvigen Landstraßen, gern ansteigend, wie ich sie im benachbarten Sauerland kenne. Auf den Strecken, die Motorradfahrer lieben, ist auch der Bertone-Keil zu Hause. Dort fühlen sich Fahrer und Auto am wohlsten, werden eine Einheit, genießen den weit gestreckten, wenn auch recht schmalen Grenzbereich der Mittelmotor-Konstruktion.

Als Reisewagen taugt er nur bedingt. Unter der Fronthaube hat er einen flachen Kofferraum, der obendrein das Targadach aufnehmen muss, wenn man offen fahren möchte (und das Leben, so hieß es schon vor Jahren in einem Werbespot, ist zu kurz, um geschlossen zu fahren ...). Des weiteren ein kleines Gepäckfach hinten, vom Motorraum nur durch eine dünne Blechwand getrennt und deshalb für wärmeempfindliche Dinge nicht zu empfehlen.

Mit dem X1/9 kann man noch Autofahren pur erleben

Hinweis

carsablanca.de
Dieser Artikel basiert auf einer Kooperation von sueddeutsche.de mit carsablanca.de.

Im Innenraum finden sich zwei Sitze, hinter dem rechten das Reserverad, ein kleines Handschuhfach, eine Mittelablage vor dem Schalthebel - mehr Verstaumöglichkeiten gibt es nicht. Alles in allem ist die Fuhre etwas für zwei Leute und ein Lunchpaket. Selbst der Spottname "Hausfrauen-Ferrari" ist leicht irreführend: Der Wocheneinkauf passt, wenn man gescheit disponiert und nicht mehr als ein großer Colakasten auf der Einkaufsliste stand, wohl so eben hinein.

Dafür gefällt der X 1/9 mit dem Vorzug, hier noch Autofahren pur zu erleben: direkte Lenkung, auf Anforderung fest zupackende vier Scheibenbremsen, ein drehfreudiger Motor, und ein gut abgestuftes, wenn auch etwas hakeliges Fünfganggetriebe. Dazu kommen eine sportlich tiefe Sitzposition und - nicht zuletzt daraus resultierend - ein Kart-ähnliches Fahrgefühl.

Ein sportliches Feeling hingegen ist das Letzte, was ich von meinem Datsun Laurel erwarte. Während der italienische Targa einen umgibt wie ein lederner Fahrerhandschuh, steigt man bei dem Laurel in ein rollendes Wohnzimmer, mit dreisitzigem Federkernsofa im Fond und velourstapezierter Decke. Der Grund, ihn nach Entdecken eines entsprechenden Internet-Inserates im Winter 2006 aus 20 Jahren Garagenschlaf zu erlösen, war die Tatsache, dass wir nach einem adäquaten Zugfahrzeug für einen Oldtimer-Wohnwagen der Viereinhalbmeter-Klasse suchten - und die mir Angetraute auf keinen Fall einen Benz wollte.

Geworden ist es also ein Nippon-Senator mit 2,8 Liter Sechszylinder-Dieselmotor, der weder über Turbo noch über Direkteinspritzung verfügt und mit seiner gelassenen Kraftentfaltung der rollende Beweis für die These ist, dass Hubraum nun einmal durch nichts zu ersetzen ist. Er hat sich bereits des öfteren als Zugfahrzeug für unseren Oldtimer-Wohnwagen bewährt, ist aber auch solo eine höchst bequeme und - nicht nur für die damalige Zeit - mit vielen Finessen ausgestattete Reiselimousine.

Der Datsun - ein Auto für die fahrt von Sizilien bis ans Nordkap

Der Kofferraum mit rund 600 Litern Fassungsvermögen wirft fast ein Echo, der Fahrersitz ist höhenverstellbar (genauso wie das Lenkrad) und verfügt über eine Rückenstütze, so dass man sich seine optimale Fahrposition einstellen kann. So würde ich mit dem Wagen auch bedenkenlos bis Sizilien oder ans Nordkap fahren, was bei gut 60 Litern Tankinhalt und einem Durchschnittsverbrauch von weniger als 7,5 Litern im Solobetrieb eine finanzierbare Aktion wäre - doch leider sind Auslandsfahrten mit der 07er-Sammlernummer ein Problem, und bis zum H-Kennzeichen dauert es bei ihm noch über zwei Jahre.

Welcher der beiden Youngtimer ist nun wertvoller, hat mehr Vorteile, macht mehr Spaß? Nachdem Platz- und Zeitmangel es nahe legten, sich von einem der Hobbymobile zu trennen, musste ich eine Entscheidung treffen. Ich habe den sportlichen Italiener auf dem Marktplatz von Carsablanca.de zur Disposition gestellt - denn ich wollte unseren Wohnwagen künftig nicht mit Muskelkraft zu diversen Treffen ziehen, und für den "X" war es in Deutschland nicht einmal möglich, eine Anhängerkupplung aufzutreiben ...

Fiat X1/9: Bauzeit 1973 - 1989; Zylinder: 4; Hubraum: 1498 ccm; Leistung: 85 PS; Höchstgeschwindigkeit bis 180 km/h; Verbrauch: ca. 7 Liter / 100 km

Datsun Laurel (JC 31): Bauzeit 1980 - 1984; Zylinder: 4; Hubraum: 2781 ccm; Leistung: 82 PS; Höchstgeschwindigkeit bis 155 km/h; Verbrauch: ca. 7 Liter Diesel / 100km

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