Biogas:Käfer mit Pups-Antrieb

Britische Wissenschaftler haben ein Auto entwickelt, dessen Motor mit Biogas aus Klärschlamm läuft - die Wende am Automarkt ist damit aber wohl nicht zu machen.

Fabian Mader

Die Idee klingt erst einmal anrüchig. Das Toilettenabwasser von nur 70 Haushalten, sagt Mohammed Saddiq, garantiere eine jährliche Fahrleistung von 16.000 Kilometern. Saddiq leitet das Forschungsteam des britischen Unternehmens Geneco, das einen VW Beetle entwickelt hat, der mit Abgasen aus Klärschlamm fährt. Den Entwicklern ist es gelungen, reines Methan zu isolieren. Damit beschleunigt der "Bio-Bug" auf 183 Kilometer pro Stunde.

Biogas: Mist-Käfer: Der Prototyp der britischen Firma Geneco fährt bis zu 183 Stundenkilometer schnell - und das mit Methan aus einer Kläranlage.

Mist-Käfer: Der Prototyp der britischen Firma Geneco fährt bis zu 183 Stundenkilometer schnell - und das mit Methan aus einer Kläranlage.

(Foto: GENeco)

Beim Verbrennen des Gases tritt etwas weniger CO2 aus als bei Benzin, ungefähr gleich viel, wie auch bei der Aufbereitung des Klärschlamms aufgetreten wäre - so ergibt sich eine positive Umweltbilanz. Ganz ohne Benzin kommt der Bio-Bug allerdings nicht aus. Erst wenn der Motor nach ein paar Kilometern aufgewärmt ist, wechselt er von Benzin- auf Gasantrieb.

Schon seit den siebziger Jahren gibt es Autos, die mit Gasantrieb fahren, meistens mit einer Erdgasmischung. Biogas könnte das Erdgas langfristig ablösen, die Herstellung von Biogas etwa aus Mais und Gräsern ist bislang aber zu teuer. Das ist bei dem britischen Modell anders: Weder der Anbau noch die Verarbeitung von Pflanzen sind nötig. Das Gas zapft das Unternehmen gratis an einer Kläranlage in einem Dorf bei Bristol.

Ein echter "Mist"-Käfer

An der Entwicklung des Bio-Käfers waren Schüler aus der Umgebung von Bristol beteiligt. Das Unternehmen hatte sie zu einem Workshop an die Universität Bath eingeladen. Aus ihrer Runde kam die Idee, einen VW Beetle als Prototyp zu verwenden. Eine gewollte Anspielung, sagt Saddiq. Schließlich seien es in der Natur die Käfer, die Abfälle zerkleinern und den Verwesungsprozess starteten, aus dem neue Energie entstünde.

Experten sind allerdings skeptisch, was die Erfolgsaussichten des Bio-Bugs angeht. Zwar haben die Ingenieure von der Insel das größte Problem gelöst: Das konzentrierte Methan ist glücklicherweise geruchslos. "Wenn Sie das Auto fahren, werden Sie keinen Unterschied zu einem gewöhnlichen Wagen feststellen", sagt Saddiq.

Allerdings sind die Vorräte an Klärschlamm leichter zu erschöpfen, als es den Anschein erweckt. Stefan Rauh, der das Referat Landwirtschaft beim Fachverband Biogas leitet, kalkuliert die Menge an Klärschlamm in Deutschland auf gerade einmal 1,5 Prozent dessen, was heute schon an Biomasse zur Energiegewinnung genutzt wird. Die Wende am Automarkt sei damit nicht zu machen.

In Bristol verfolgt man auch kleinere Pläne. Zunächst soll der Beetle sich sechs Monate bewähren, bei erfolgreichem Verlauf wollen die Briten ihre Firmenflotte mit der Technik ausstatten.

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