Billiger Ölpreis:Billiger Sprit könnte Autoindustrie in große Probleme bringen

Nein dass ist nicht Luxemburg Benzinpreis deutlich unter 1 20 Euro lassen am Montag 04 01 2016 l

Die Preise fallen: Hier eine Saarbrücker Tankstelle im Januar

(Foto: imago/Becker&Bredel)
  • Die billigen Benzin- und Dieselpreise kurbeln den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotor an.
  • Die Autohersteller befinden sich deshalb in einem Dilemma, denn 2020 kommen neue CO₂-Grenzwerte. Die heute verkauften Spritschlucker könnten sie daran hindern, diese Grenzen zu erfüllen.

Analyse von Thomas Fromm

Peter Müller gehört zu denen, die nichts dagegen haben, wenn der Sprit billiger wird. Müller ist Geschäftsführer beim Münchner Autohaus Häusler, und er sagt: "Der niedrige Ölpreis macht unheimlich was aus, die Kauflaune ist in der letzten Zeit gestiegen." Ein Liter Super bei 1,20 Euro, Diesel unter einem Euro, dazu die niedrigen Zinsen - Autofahren wird immer billiger. Das animiert zum Kaufen.

Dies spiegelt sich bei den Neuzulassungen wider: Laut Kraftfahrt-Bundesamt stiegen sie im Januar um 3,3 Prozent. Auffällig daran: Unter den 218 365 neu zugelassenen Pkw waren nur 2814 Hybrid-Fahrzeuge, also Autos mit Elektro- und Benzin-Motor. Und noch weniger reine Elektrofahrzeuge: gerade mal 477, ein Rückgang um 27,6 Prozent. Ganz vorne dagegen: Benziner, gefolgt von Diesel-Autos.

Die Manager der Autokonzerne könnten sich also zufrieden zurücklehnen - es sind dies Zeiten, in denen man gut verkauft, vor allem Limousinen und sportliche Geländewagen. Doch anders als die Autohändler müssen die Konzernbosse eine andere Rechnung aufmachen: Nicht wie viele Autos sie verkaufen, ist in Zukunft wichtig, sondern was genau sie verkaufen. Denn große Benziner bringen zwar hohe Gewinne, aber langfristig auch große Probleme.

"Kein strategischer Vorteil" durch den niedrigen Ölpreis

Die Hersteller sitzen in der Falle. Je mehr große Benziner sie verkaufen, desto schwieriger wird es für sie, die strengen Kohlendioxid-Grenzwerte einzuhalten. "Im niedrigen Ölpreis sehen wir keinen strategischen Vorteil", sagt der BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson, "er kann zwar kurzfristig dazu führen, dass Kunden sich eher für einen Benziner oder einen Diesel als für ein Fahrzeug mit alternativen Antrieben entscheiden. Wir müssen als Autohersteller aber langfristig denken."

Langfristig, das bedeutet: 2020 dürfen Neuwagen in der EU durchschnittlich nur noch 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen; danach dürften die Auflagen weiter verschärft werden - bei Verstoß drohen teure Strafen. Deshalb brauchen die Konzerne mehr Hybrid- und Elektroautos in ihren Flotten. "Die aktuell niedrigen Ölpreise ändern nichts an unserer langfristigen Strategie, die Elektromobilität zu forcieren", sagt Audi-Chef Rupert Stadler daher.

Die Detroit Motor Show war symptomatisch

Selbst mit einem hohen Diesel-Anteil können die Konzerne noch gut leben. Denn anders als in den USA, wo die für Diesel-Stickoxide zulässigen Grenzwerte strenger sind als in Europa, ist der Diesel-Anteil in Ländern wie Deutschland traditionell hoch. Die Europa-Rechnung der Hersteller ist daher einfach: Dieselfahrzeuge blasen zwar reichlich Stickoxide aus, aber dafür weniger CO₂.

Die Auto-Messe in Detroit im Januar war symptomatisch für die Lage: Man sprach viel über Elektroautos und selbstfahrende, vernetzte Vehikel, über Mobilität 4.0. Aber in den Hallen stand noch die Mobilität 1.0 - mit viel Hubraum und reichlich PS, Geländewagen und Pick-up-Trucks statt grüner Mobilität.

Der niedrige Ölpreis wirkt wie eine Droge. Für eine Zeit lang könnte er noch die Auftragsbücher füllen. Irgendwann aber könnte der Kater folgen. Vor allem aber: Der niedrige Ölpreis droht die Übergangszeit hin ins Elektroautozeitalter unnötig zu verzögern. Warum einen teureren Elektrowagen fahren, wenn man einige Hundert Euro im Jahr an der Zapfsäule sparen kann? "Wir haben da zwei Herzen in unserer Brust", sagt einer aus der Branche. Das eine sagt: Verkaufe, was die Leute wollen, und nehme das Geld mit, solange es geht. Das andere Herz aber sagt: Achtung, Falle!

BMW und Audi wollen mehr E-Autos auf den Markt bringen

Milliarden investieren die Konzerne gerade in die alternativen Antriebsarten von morgen - ob und wann sie damit Geld verdienen, wissen sie nicht. "Wir wollen in den kommenden Jahren das Angebot von Autos mit Hybrid- und Elektroantrieben intensiv ausbauen", sagt BMW-Mann Robertson; sein Audi-Kollege Rupert Stadler plant ebenfalls groß: "Bis Anfang 2019 wollen wir unseren Kunden mindestens sieben Modelle mit Plug-in-Hybrid oder rein elektrischem Antrieb bieten."

Nur sind große Elektropläne in Zeiten billigen Öls schwer umzusetzen. Eine Kaufprämie, finanziert von Bund und Industrie, könnte demnächst helfen, den Absatz anzufeuern und damit die aufziehenden CO₂-Ziele einzuhalten. Bis März soll ein gemeinsamer Plan von Regierung und Autoindustrie stehen. Kritiker warnen jedoch: Ausgerechnet in Zeiten billigen Benzins würde eine steuerfinanzierte Subvention für die Industrie schnell verpuffen. Zumal es längst nicht nur die höheren Preise der E-Autos sind, die vom Kauf abhalten. "Bei alternativen Antrieben fehlt bei den Menschen noch der Kick", sagt der Autohändler Müller. Problematisch seien vor allem "die mangelnde Reichweite der Autos und die fehlenden Ladestationen auf den Autobahnen". Am liebsten wäre der Industrie, sie würde beides gut verkaufen, Benziner und E-Fahrzeuge. Wenn die Autowelt nur so einfach wäre.

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