Autosammler:Ein Herz für die Nische

Auf ihrem Firmengelände in Franken horten Anja und Tilo Macht mehr als 140 Fahrzeuge. Aber nicht etwa VW Käfer oder wertvolle Mercedes, sondern Wagen der japanischen Marke Mitsubishi.

Von Felix Reek

Von außen sieht das Grundstück von Tilo Macht aus wie ein ganz normales Autohaus. Nebeneinander aufgereiht parken etwa ein Dutzend Mitsubishis und Subarus vor dem Gebäude in der Kleinstadt Eckental bei Nürnberg. Einige Autos haben eine Rallye-Lackierung, dazwischen stehen ein paar Straßenfahrzeuge und ein Geländewagen mit mächtigen Reifen. Auch der Empfangsraum ist unspektakulär. Viel Holz, ein Kühlschrank, der aussieht wie eine Zapfsäule, ein Tisch mit zwei Stühlen, an dem wortlos zwei ältere Männer sitzen.

"Dann zeig' ich es Ihnen mal", sagt Macht und öffnet eine Tür an der Rückseite des Geländes. "Hier ist unser Erlebnispark."

In Deutschland liegt der Anteil der Marke bei gerade mal etwas mehr als einem Prozent

Im "Erlebnispark" ist es zunächst vor allem dunkel. Als sich die Augen an das Schummerlicht gewöhnt haben, erkennt man überall Autos. So eng aneinander geparkt, als habe jemand das PC-Spiel Tetris auf Level 30 absolviert. Manche Autos sind von einer dicken Staubschicht überzogen, andere glänzen, als kämen sie gerade vom Band. Auf einer Motorhaube und einem Tisch türmen sich Einzelteile.

Seit 16 Jahren sammelt Macht Mitsubishis. Sogar für Autonarren eine ungewöhnliche Wahl. Die japanische Firma ist selbst in ihrer Heimat eine Nischenmarke. In Deutschland liegt der Marktanteil bei etwas mehr als einem Prozent. "Ich bin mit den Autos aufgewachsen", sagt Macht und geht weiter in die zweite Halle der ehemaligen Holzfabrik, die noch größer ist. In ihr stehen noch mehr Autos. Schon seine Eltern verkauften die Modelle der japanischen Marke. Macht konnte wohl nicht anders, als den Mitsubishis zu verfallen.

Tilo und Anja Macht vor ihrem Mitsubishi-Autohaus in Eckental bei Nürnberg

Vor allem haben es Anja und Tilo Macht auf alte Mitsubishis abgesehen.

(Foto: Motor Presse Stuttgart)

Das würde vielleicht ein, zwei oder drei Autos erklären. Doch Tilo Macht und seine Frau Anja besitzen mittlerweile 140 Exemplare. Die meisten davon sind, natürlich, Mitsubishis. Hinzu kommen eine Handvoll Subarus und ein mausgrauer Saab 92b de Luxe aus dem Jahr 1954.

"2000 hatte ich einen größeren Unfall", erklärt der gelernte Kfz-Mechaniker den Beginn seiner Sammelleidenschaft. Totalschaden. Seine Freunde zogen ihn auf: "Den kriegst du nie wieder hin!" Macht fühlte sich in seinem Ehrgeiz gepackt - und restaurierte den demolierten Mitsubishi. "Der war mir dann aber zu schad' zum Fahrn", erzählt er in breitem Fränkisch und grinst. Das Auto blieb stehen und er kaufte einen anderen. Und auch der war ihm "zu schad' zum Fahrn". Macht lernte seine Frau kennen, die "genauso verrückt auf Mitsubishis" ist, wie er sagt. Und ab da gab es kein Halten mehr.

Innerhalb weniger Jahre erstanden die beiden Autos aus aller Welt. Einen rechtsgelenkten Lancer 1800 GSR Turbo mit gerade einmal 8000 Kilometern auf dem Tacho zum Beispiel, der aus dem Mitsubishi-Museum in Japan stammt. Ein Galant Coupé aus Schottland, Baujahr 1976, das einmalig in Deutschland ist. Ein Mitsubishi J55, ein Lizenzbau des amerikanischen Jeep CJ 7, äußerst selten in Europa. Schmuckstück der Sammlung ist ein babyblauer Colt 1000 aus dem Jahr 1967, komplett im Originalzustand, den Anja Macht aus Australien importierte. Zehn gibt es davon heute noch weltweit, sein Wert liegt bei etwa 30 000 Euro. Der ehemalige Besitzer schreibt die Machts monatlich an, weil er das Auto zurückhaben will.

Das Herz von Tilo Macht hängt aber an einem ganz besonderen Modell. "Hier stehen noch ein paar Schätzle", sagt er und öffnet das Tor zu einer weiteren Halle, die eigentlich das Reifenlager seiner Werkstatt ist. In der Ecke parken ausschließlich Lancer Turbos. Das erste japanische Serienauto mit der Technik zur Leistungssteigerung, das in Europa in den Achtzigerjahren verkauft wurde. Einer der Mechaniker seines Vaters fuhr genau dieses Modell, als Macht aufwuchs. "Irgendwann hol' ich mir auch so einen", sagte er sich damals.

Ford Consul Corsair

Zur Sammlung gehört auch ein Ford Consul Corsair.

(Foto: Felix Reek)

Mittlerweile besitzt er 14 Stück. Sieben sind bereits restauriert, sieben in mehr oder weniger desolatem Zustand. Die Autos wurden aus Scheunen gerettet. "Für manche sind das nur Rostlauben", sagt er. Für ihn ist es eine Leidenschaft. Restauriert zahlen Sammler bis zu 20 000 Euro für ein gut erhaltenes Exemplar.

Seit ihre Sammlung vor einigen Wochen vom US-Autoblog Jalopnik vorgestellt wurde, bekommen die Machts Anfragen aus aller Welt. "Das Dumme ist nur", sagt Macht: "Wir wollen eigentlich nichts mehr hergeben." Während Autohändler schrottreife Oldtimer kaufen, wieder in den Originalzustand versetzen und teuer weiterveräußern, behalten die Machts alle ihre Autos. Überall auf dem Gelände stehen Mitsubishis. In den Hallen, unter Schutzplanen, auf der Rückseite. Ganz hinten in einer Ecke des Areals gibt es sogar noch Dutzende schrottreife Exemplare, die nicht zur Sammlung zählen. Sie sind das Ersatzteillager von Anja und Tilo Macht. Bis in den letzten Winkel ist die alte Holzfabrik mit Autos zugeparkt.

Als Nächstes ist eine Reise nach Japan geplant - natürlich, um noch mehr Autos zu kaufen

"Klar sagt jeder, das ist bekloppt", lacht Macht. "Andere haben Hobbys oder fahren fünfmal im Jahr in Urlaub. Bei uns sind es die Autos." Ein Ende ist nicht in Sicht. Als Nächstes ist ein Trip nach Japan geplant: "Ein bisschen einkaufen", sagt das Ehepaar. Natürlich noch mehr Autos. Der Traum: ein Subaru 360, das erste Serienauto der Marke aus den Sechzigern. Und ein Mitsubishi Galant GTO aus den Siebzigerjahren, der damals schon über 200 PS leistete. Diese Modelle sind nur noch im Mutterland der Autos zu bekommen.

Und danach? Mehr Platz für mehr Autos wollen die beiden schaffen. Um dem Chaos ein Ende zu bereiten, haben Anja und Tilo Macht eine neue Halle gekauft. Dort soll bald ein Museum entstehen. Wie viele Autos es bis dahin sein werden? "Keine Ahnung", sagt Macht und lacht.

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