Autonomes Fahren:Verkehrsrowdys sehen in Roboterautos leichte Opfer

Verkehrsrowdie im Audi

Pöbeln aus Passion: Verkehrsrowdys freuen sich einer Studie zufolge auf die computergesteuerten Autos.

(Foto: imago/imagebroker)
  • Die London School of Economics and Political Science (LSE) hat 12 000 europäische Bürger zu ihrer Haltung zum autonomen Fahren befragt.
  • Das Ergebnis: Rücksichtslose Autofahrer stehen der neuen Technik aufgeschlossener gegenüber als die Kavaliere der Straße.
  • Sie sehen in den Roboterautos leichte Opfer.

Von Björn Finke

Schöne, neue Autowelt: Der Computer im Fahrzeug erkennt dank Kameras und Sensoren, was um ihn herum passiert. Er steuert den Wagen sicher zum Ziel, lässt ihn Hindernissen ausweichen und kommuniziert mit den Computern anderer Autos. Der Mensch auf dem Fahrersitz muss nicht mehr eingreifen; er kann entspannt telefonieren oder lesen. Geht es nach Autokonzernen und Technologiefirmen, soll so die Zukunft auf den Straßen aussehen.

Vielen ist allerdings die Vorstellung nicht geheuer, die Straße mit computergesteuerten Autos zu teilen. Besonders aufgeschlossen gegenüber der neuen Technik sind laut einer neuen Studie ausgerechnet jene Fahrer, die sich sonst eher unsozial verhalten: Rücksichtslose Rambos der Straße freuen sich demnach darauf, demnächst Kollege Computer zu schneiden.

12 000 Bürger wurden befragt

Je aggressiver und rüpelhafter jemand fährt, desto positiver beurteilt er die Aussicht, bald neben Roboterautos unterwegs zu sein. Zu diesem überraschenden Ergebnis kamen Soziologen der London School of Economics and Political Science (LSE). Die Forscher befragten 12 000 Bürger in elf europäischen Ländern - darunter Deutschland - zum Fahrverhalten und ihrer Einstellung zu computergesteuerten Autos.

Für die Studie wurde zudem in Arbeitsgruppen über das Thema gesprochen. Und das waren keine theoretischen Diskussionen: Autohersteller versprechen, dass selbstfahrende Modelle in wenigen Jahren serienreif sind. Der US-Internetkonzern Google testet schon länger Roboterautos, und der Taxidienst Uber startete jetzt einen groß angelegten Versuch mit fahrerlosen Droschken in Pittsburgh.

Computerautos sind einfache Opfer

In der LSE-Umfrage äußerte die Mehrheit Vorbehalte gegen Roboterautos auf der Nebenspur. Vor allem Verkehrsteilnehmer, die sich am Steuer rücksichtsvoll verhalten, zeigten sich skeptisch. Aggressive Fahrer gaben sich offener.

Studienleiter Chris Tennant hat dafür eine wenig schmeichelhafte Erklärung: Manche Leute dächten etwa, sie könnten Roboterautos problemlos schneiden, weil der Computer automatisch abbremsen werde, sagt der Soziologe. Und praktischerweise sitze im ausgebremsten Auto "kein menschlicher Fahrer, der die Lichthupe anmacht oder den Finger zeigt". Computerautos sind demnach einfache Opfer - verlockende Perspektiven für die Rüpel. In Gruppendiskussionen sagten Teilnehmer, die Roboterautos seien wie nützliche Idioten, die man "schikanieren" könne.

Rücksichtsvolle Fahrer fürchten die Roboterautos eher

Ganz anders äußerten sich rücksichtsvolle Fahrer. Diese achten genau darauf, was andere Verkehrsteilnehmer machen; sie suchen auch mal Blickkontakt. Letzteres ist schwierig, wenn der Wagen auf der Nebenspur von einem Computer gesteuert wird. Die Kavaliere der Straße befürchten der Studie zufolge, dass Roboterautos das Verständnis dafür fehle, wie sich andere Chauffeure verhalten. Darum schaudert diesen Fahrern vor der Idee, die Straße mit seelenlosen Computern zu teilen.

In Deutschland nahm vor drei Wochen die Ethik-Kommission für computergesteuerte Autos ihre Arbeit auf. Das Gremium der Regierung soll Leitlinien dafür entwickeln, wie Roboterautos bei Gefahren reagieren sollen. Vielleicht sollte sich die Kommission auch der Frage widmen, wie Computerautos vor Rüpeln geschützt werden können.

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