Autohersteller bauen Mobilitätsdienste aus:Geteiltes Auto, größerer Markt

Lesezeit: 2 min

Seit 2008 bietet Daimler seinen Carsharing-Dienst "Car2go" an. 2015 will der Autokonzern damit Geld verdienen. (Foto: Robert Haas)

Auf das eigene Auto können vor allem Menschen in Großstädten längst verzichten. Von A nach B müssen sie aber trotzdem kommen. Die Autobauer wittern ein großes Geschäft - mit Taxi-Apps und Chauffeurservice.

Früher war die Sache klar: Autobauer verkauften Autos. Heute ist das nicht mehr ganz so einfach. Ob Taxi-Apps oder Internet-Chauffeurdienste: Hersteller entdecken zunehmend das Geschäft mit neuartigen Mobilitätsangeboten für sich und gehen dabei ungewöhnliche Allianzen ein. Der Autobauer Daimler kündigte etwa eine Mietauto-Kooperation mit der Deutschen Bahn an. Die arbeitet bei dem Thema bereits mit Ford zusammen. "Das ist ein sehr interessanter Trend", sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Hochschule Bergisch-Gladbach.

Gerade im Bereich Carsharing seien Autobauer wie Daimler (Car2Go) und BMW (DriveNow) schon in zahlreichen Großstädten vertreten - und machten sich gegenseitig Konkurrenz. "Jetzt kommt es darauf an, ein möglichst breites Angebot zu haben", erklärt der Branchenkenner. Daimler will sein Carsharing-Angebot Car2Go Mitte des Jahres mit den Flinkster-Autos der Deutschen Bahn verknüpfen und so bundesweit auf ein nahezu flächendeckendes Netz mit mehr als 6600 Fahrzeugen kommen. "Es ist auch ein Imagegewinn, wenn man solche Themen vorantreibt", sagt Bratzel. Zumal Daimler lange leicht verstaubt gegolten habe.

Car2Go soll 2015 profitabel sein

Bislang verdienen die Stuttgarter mit Car2Go noch kein Geld. Ziel ist es aber, 2015 profitabel zu sein. Das hat Daimler seit dem Start des Carsharing-Angebots im Jahr 2008 erst in einigen Städten geschafft. Tatsächlich baut der Konzern das Geschäft mit neuartigen Mobilitätsdienstleistungen kontinuierlich aus - zuletzt durch den Einstieg bei dem Online-Limousinenservice Blacklane, der über Internet oder Handy die Fahrdienste eines Chauffeurs vermittelt. Beteiligt ist Daimler auch an der Smartphone-App MyTaxi und an dem Fernbus-Unternehmen Flixbus. Zudem ist seit Sommer 2012 eine eigene App namens Moovel im Portfolio, mit der Nutzer auf der Suche nach der schnellsten Verbindung verschiedene Verkehrsmittel vergleichen können. Künftig sollen Kunden darüber auch die Angebote von Car2Go und Flinkster buchen können.

Auch an der Smartphone-App MyTaxi ist der Daimler-Konzern beteiligt. (Foto: obs)

Aber sind so viele Alternativen zum Autokauf nicht schädlich für das eigentliche Geschäft? "Ich sehe es eher positiv", sagt Stefan Bratzel. "Diesem Megatrend kann man sich nicht verwehren." So könnten Hersteller auch Menschen erreichen, die sonst nicht zu ihren Kunden gehörten. Und: "Carsharing kann man auch als Einstiegsdroge sehen." Ein Nebeneffekt, den ein Daimler-Sprecher bestätigt: "Letztlich ist eine Fahrt mit dem Car2Go immer auch eine Probefahrt mit dem Smart." Mit dem kleinen Stadtauto ist die Carsharing-Flotte bestückt.

Die Beliebtheit von Carsharing steigt

Tatsächlich steigt die Zahl der Deutschen, die ein Auto nur stundenweise mieten, stetig: 2013 waren es 800.000 Nutzer, wie das Informations- und Vergleichsportal carsharing-experten.de am Mittwoch mitteilte. 2012 waren es erst rund 500.000. Die zunehmende Bedeutung von Geschäftsmodellen fernab des klassischen Autobaus sieht man aber auch bei Volkswagen. "Ich denke, es kann sich kein Automobilhersteller leisten, das Thema auszublenden", sagt ein VW-Sprecher.

Im Gegensatz zu Daimler oder BMW sind die Wolfsburger mit ihrem Carsharing-Angebot Quicar bisher nur in Hannover vertreten. Anfang 2013 waren sie beim niederländischen Carsharing-Anbieter Greenwheels eingestiegen. Zusammen mit ihm will VW etwa Carsharing für Unternehmen oder im Kollegenkreis anbieten. "Wir beobachten mit Spannung die Dynamik des Carsharing-Marktes und begrüßen jede Form von Vernetzung", sagt Willi Loose, Geschäftsführer beim Bundesverband Carsharing. Im Vordergrund stehe die individuelle Mobilität - "mit weniger Autos", wie er betont.

© SZ.de/dpa/Antonia Lange - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: