Autofinanzierung in den USA:Alles auf Pump - bis zum Crash

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Amerikanische Autokäufer gönnen sich wieder mehr Neuwagen - wegen der günstigen Spritpreise gerne auch große Pick-ups und SUVs. (Foto: AFP)
  • In den USA wurden im vergangenen Jahr so viele Autos verkauft wie seit 2006 nicht mehr - die meisten davon auf Pump.
  • Das Gesamtvolumen der Autokredite beträgt etwa 975 Milliarden Dollar, ein Allzeithoch.
  • Viele der Autokredite sind "Subprimes", werden also an Schuldner mit schlechter Bonität vergeben.

Crash-Gefahr bei der US-Autofinanzierung

Seit der letzten großen Krise lässt der Begriff "Subprime" die Alarmglocken an den Finanzmärkten klingeln. Die exzessive Vergabe von Krediten an Verbraucher mit schwacher Bonität kann leicht im Desaster enden - das hat der Kollaps des US-Immobilienmarktes gezeigt. Einen ähnlich leichtfertigen Geldverleih wie damals sehen einige Analysten inzwischen bei der Autofinanzierung. Doch wie hoch ist die Crash-Gefahr diesmal?

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16,5 Millionen neue Autos wurden in den USA im vergangenen Jahr verkauft. Das sind sechs Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie seit 2006 nicht mehr. Billiges Geld spielt beim Absatzboom nach Einschätzung von Experten eine wichtige Rolle. Die US-Notenbank Fed hält den Leitzins seit Ende 2008 auf einem Rekordtief nahe null Prozent. Während Banken sich nach den schlechten Erfahrungen mit Hypothekendarlehen zurückhalten, sitzt das Geld bei der Fahrzeugfinanzierung locker.

Autokredite im Gesamtwert von fast einer Billion Dollar

"Autokredite bewegen sich auf einem Allzeithoch von mehr als 975 Milliarden Dollar", sagt Dennis Carlson, Volkswirt des Analysehauses Equifax. Im Dezember habe der Anstieg zum entsprechenden Vorjahreszeitraum 9,3 Prozent betragen, also merklich über dem Wachstum des Automarkts gelegen. Mehr als ein Viertel der gesamten Summe und fast ein Drittel aller neu vergebenen Autokredite entfallen auf das berüchtigte "Subprime"-Segment.

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Angesichts steigender Ausfallraten nehmen die Warnungen vor einer neuen Subprime-Krise zu. Auch innerhalb der Branche sieht man die Entwicklung offenbar zunehmend kritisch: "Ich bin mir nicht sicher, ab wann sich ein Boom in eine Blase verwandelt", sagt Mark Vitner, Ökonom des US-Kreditriesen Wells Fargo, dem Magazin Fortune. "Viele Leute kaufen Autos, die sie sich sonst wohl nicht leisten könnten." Und das gilt nicht nur für Neuwagen, sondern auch für Gebrauchte, wie die New York Times schreibt.

Berichte über dubiose Methoden bei der Kreditvergabe an Geringverdiener wecken Erinnerungen an die 2007 beginnende Krise am US-Immobilienmarkt. Damals war Verbrauchern mit schwacher Bonität das Geld zum Hauskauf regelrecht aufgeschwatzt worden, weil sie bereit waren, hohe Zinsen zu zahlen. Die Kredite wurden gebündelt und als Wertpapiere an den Finanzmärkten platziert. Als die Blase am Häusermarkt platzte, büßten sie massiv an Wert ein und zogen eine Pleitewelle nach sich.

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Diese sogenannte Verbriefung, das Schnüren von Kreditpaketen zum Weiterverkauf an Investoren, ist auch bei Auto- und anderen Verbraucherkrediten üblich. In letzter Zeit hat diese Praxis wieder stark zugenommen. Die US-Aufsichtsbehörden nehmen die großen Marktakteure wie Ally Financial, Santander Consumer USA oder GM Financial bereits unter die Lupe, um zu prüfen, ob bei der Verbriefung von Autokrediten alles mit rechten Dingen zugeht.

Noch kein Grund, Alarm zu schlagen

Doch trotz aller Anzeichen für Kredit-Exzesse sehen die meisten Experten noch keinen Grund, Alarm zu schlagen. Equifax-Ökonom Carlson will von einer Autokredit-Blase nichts wissen: "Die Situation an den Kreditmärkten ist nicht dieselbe wie 2007." Das Volumen der Autokredite mache selbst dann nur etwa ein Drittel aller Konsumentenkredite in den USA aus, wenn man den größten Teil - die Hypothekendarlehen - außen vor lasse.

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Zudem seien die Ausfallraten zuletzt zwar gestiegen, so Carlson. Sie bewegten sich aber auf einem im historischen Vergleich sehr niedrigen Niveau. Nur 2,6 Prozent aller Forderungen hätten im Dezember abgeschrieben werden müssen. Ein Expertenteam der New Yorker Filiale der Fed kam kürzlich zu ähnlichen Ergebnissen. Auch wenn die "Subprime"-Autokredite in den vergangenen Jahren stark gestiegen seien, sei das Gesamtvolumen deutlich niedriger als das der Immobilienkredite vor der Finanzkrise.

© SZ.de/dpa/Hannes Breustedt - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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