Autoabgase:Die meisten Dieselmodelle scheitern im ADAC-Ecotest

Nur zwei von 26 Selbstzündern überzeugen im neuen Prüfmodus. Auch viele Benzin-Direkteinspritzer werden unter den verschärften Bedingungen nach dem neuen WLTP-Verfahren auffällig.

Von Joachim Becker und Thomas Harloff

2017 wird es ernst für den Diesel: Mit dem WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Cycle) wird im nächsten Jahr ein neuer Verbrauchstest in Europa eingeführt. Auch die Schadstoffgrenzwerte werden verschärft und die klassenabhängige CO₂-Bewertung gestrichen. Schwere Autos haben also keine Vorteile mehr - ebenso wenig wie Dieselmodelle, die auf einen Prüfstandslauf mit schwachen Leistungsanforderungen optimiert sind. Das wird gerade für große Selbstzünder mit kleinem Motor zum Problem - nicht nur im Stadtverkehr, sondern auch auf der Autobahn: Künftig dürfen Maßnahmen, die den Stickoxid-Ausstoß reduzieren, nicht mehr bei 120 km/h oder bei Temperaturen von unter null bis zehn Grad Celsius abgeschaltet werden.

Der ADAC hat seinen Ecotest schon an den künftigen WLTP-Zyklus angepasst. Allerdings prüft der Verkehrsklub mit einer realitätsnahen Zuladung von 200 Kilogramm, eingeschalteter Klimaanlage und praxisnahen Schaltpunkten. Ein zusätzlicher Autobahnzyklus mit höheren Geschwindigkeiten ergänzt die Messprozedur auf dem Prüfstand. Wie dreckig die Abgase der meisten Dieselautos noch immer sind, zeigen die Ergebnisse des verschärften ADAC-Ecotests. Nur zwei von 26 Selbstzünder-Modellen können überzeugen: Der Mercedes E 220 d 9G-Tronic und der BMW 118d Urban Line Steptronic erringen vier von fünf möglichen Sternen. Sie sind die einzigen Dieselmodelle, die es mit den Plätzen sieben und neun in die Top Ten schaffen. Am Ende der Liste rangieren vor allem Selbstzünder mit lediglich einem Stern. Zum Beispiel der VW Golf Sportsvan 1.6 TDI, der Renault Talisman Grandtour Energy dCi 130, der Kia Optima Sportswagon 1.7 CRDi, der Hyundai i40 Kombi 1.7 CRDi oder der Ford Galaxy 2.0 TDCi.

Es bleibt nicht mehr viel Zeit, die WLTP-Testansprüche zu erfüllen

"Unsere neuen Messungen bestätigen, dass die meisten Dieselmodelle unabhängig von der verwendeten Abgasreinigungstechnik unter realitätsnahen Bedingungen zu viele Emissionen ausstoßen", sagt Reinhard Kolke, Leiter des ADAC-Technikzentrums in Landsberg/Lech. Dem Test zufolge ist der hohe Ausstoß von Stickoxid nach wie vor das größte Problem der Dieselmotoren. Kolke möchte die jüngsten Ergebnisse als Appell an die Hersteller verstanden wissen, die vorhandenen Abgastechniken so einzusetzen, dass sie Emissionen in allen Fahrsituationen wirksam verringern. "Dass dies technisch machbar ist, zeigen die beiden Dieselmodelle in den Top Ten."

Doch auch einige Modelle mit Ottomotor haben Probleme mit der Umweltfreundlichkeit. Während Dieselmodelle dank ihres Partikelfilters meist sehr wenig Ruß ausstoßen, liegen die Werte insbesondere bei vielen Benzin-Direkteinspritzern höher. So stoßen der Ford Focus RS, VW Tiguan 1.4 TSI und vor allem der Smart Fortwo zu viele Feinstaubpartikel aus. Auch der Opel Corsa 1.0 Turbo Eco-Flex hat in dieser Hinsicht Probleme - und emittiert zudem, untypisch für einen Benziner, zu viele Stickoxide.

Beim verschärften Ecotest gibt es noch eine weitere wesentliche Neuerung: Autos, die auf dem Prüfstand gut abschneiden, müssen sich jetzt auch Abgasmessungen auf der Straße stellen. Alle Autos mit vier und fünf Sternen werden generell durch RDE-Messungen überprüft. Die "Real Driving Emissions" sollen sicherstellen, dass die Fahrzeuge nicht nur im Labor, sondern auch im realen Fahrbetrieb sauber sind. Künftig wird der Stickoxid-Ausstoß bis 145 km/h im Realbetrieb auf der Straße untersucht. Dazu müssen alle Reinigungssysteme im Motor bis zu diesem Tempo aktiviert bleiben. Bei höheren Geschwindigkeiten benötigen die Dieselmodelle mehr Entstickungsmittel wie zum Beispiel Adblue. Außerdem müssen sie bei Außentemperaturen von null bis 30 Grad Celsius voll funktionstüchtig sein. Besteht ein Auto mit vier oder fünf Sternen den Straßentest nicht, wird es vom ADAC auf drei Sterne abgewertet. Solche RDE-Tests müssen ab September 2017 alle neuen Automodelle bei der Zulassungsprüfung absolvieren. Allerdings gelten noch einige Jahre Übergangsfristen, in denen die Fahrzeuge bei den Straßentests noch deutlich schlechtere Abgaswerte haben dürfen als auf dem Prüfstand.

Angesichts der aktualisierten Fahrzyklen und strengeren Bewertungsmaßstäbe im Ecotest überrascht es nicht, dass auf den ersten Plätzen ausschließlich Autos mit alternativen Antrieben liegen. Platz eins belegt mit der Höchstpunktzahl von 100 das Elektroauto BMW i3 vor dem Hybriden Toyota Prius und einem weiteren reinen Batteriefahrzeug, dem Nissan Leaf. Dahinter folgt ein Škoda Octavia Combi mit Erdgasantrieb. Bester Benziner ist der Mitsubishi Space Star 1.2, der sich zwischen den beiden Dieseln auf Rang acht platziert. Insgesamt 45 im neuen Ecotest geprüfte Autos finden sich mit detaillierten Kommentaren im Internet unter: adac.de/ecotest.

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