Audi RS6:Sinnentleerter Spaßgarant

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Der Audi RS6 Avant im Fahrbericht

(Foto: WGO)

Maßloser Verbrauch, irrwitzige Fahrleistungen und für Normalverdiener unerschwingliche Preise: Der Audi RS6 ist der extremste Kombi, den Audi baut. Doch auch Skeptiker müssen dem Wagen eines zugestehen.

Von Sascha Gorhau

Die biedere Erscheinung passt auf den ersten Blick nicht zum Charakter des Audi RS6. Vor dem Betrachter steht ein Kombi aus deutscher Produktion. Viel Platz, viel Sicherheitstechnik, dazu viel Prestige und hohe Wertbeständigkeit. Doch dieser scheinbare Familienlaster beherbergt einen Motor mit 560 PS.

Sollte nicht ein schnittiger Sportwagen oder eine Luxuslimousine eher eine so hohe Leistung haben - und nicht ein großer Kombi? Andererseits: Wo gibt es das noch, ein Auto, das weniger Leistung besitzt als sein Vorgängermodell? Der Audi RS6 Avant ist so ein Fall. 20 PS weniger als zuvor. Statt dem für den RS6 bisher charakteristischen Zehnzylindermotor hat das neue Modell einen V8, hat also neben der Leistung auch noch zwei Brennkammern verloren.

Kurze aber heftige Leistungsexplosion

Doch alles ist relativ. Das Drehmoment hat Audi erhöht - von 650 Newtonmeter auf 700. Das macht den Wagen trotz der irrwitzigen Leistungsdaten sogar alltagstauglich. In 3,9 Sekunden rast der Zwei-Tonnen-Kombi aus dem Stand auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt laut Fahrzeugschein bei 305 km/h. Dennoch ist der Wagen kein Turbomonster mit einer kurzen aber heftigen Leistungseruption, sondern bietet über das gesamte Drehzahlband hinweg genügend Druck, der jederzeit imstande ist, die Innereien der Insassen ordentlich in Unordnung zu bringen.

Dabei verliert der RS6 nie die Contenance. Der Allradantrieb und eine unüberschaubare Anzahl an Fahrassistenten schieben den Wagen durch jede noch so schnell durchfahrene Kurve. Wobei eher die Gerade imstande ist, die souveräne Seite des Kombis herauszustellen. Denn ein Gewicht von mehr als zwei Tonnen kann keine Elektronik der Welt wegzaubern und der lange Radstand erhöht die Wendigkeit des Wagens auch nicht.

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Sieht aus wie ein biederer Kombi, ist allerdings eher Lustesel statt Lastesel: der Audi RS6 Avant.

(Foto: WGO)

Auf der Langstrecke hingegen kann er seine Stärken ausspielen: Selbst bei 180 km/h benötigt der Motor weniger als 3000 Kurbelwellenumdrehungen, dementsprechend leise säuselt der Audi dahin. Wer das Fahrprogramm in der Komfortstellung wählt, kann bequem und flott bei minimalen Innenraumgeräuschen reisen. Dann verbrennt der Motor etwa zwölf Liter Super Plus auf 100 Kilometer, im Schnitt sind es 16,1 während unseres Tests.

Für Reife, für Reiche

Dieser Wert steigt drastisch, wenn die Brennkammern bei vollem Anschlag des Gaspedals geflutet werden und die Maschine im Bug mit lautem Gebrüll den Wagen nach vorne reißt. Das ist unvernünftig, hat im öffentlichen Straßenverkehr nichts verloren und kann bei Überheblichkeit und Selbstüberschätzung richtig gefährlich werden. Egal, durch einen Grundpreis von 107.900 Euro ist der Wagen ohnehin ein Exot. Die laufenden Kosten sind zudem exorbitant hoch und über die Umweltfreundlichkeit eines Autos, das schon der Hersteller mit 229 Gramm CO2 pro 100 Kilometer ausweist, wird in der Gegenwart kein Mensch ernsthaft diskutieren wollen.

Sinn macht dieses Fahrzeug nicht, Spaß schon: auf abgesperrter Strecke und leeren Autobahnabschnitten, wenn der Fahrer konzentriert und besonnen das Fahrzeug steuert.

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