Alltag mit dem Elektroauto:Notfalls hilft der Bauer

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Elektroautos soll die Zukunft gehören. In den vergangenen beiden Jahren wurden aber nur knapp 3000 Stromfahrzeuge in Deutschland verkauft. Haben die Kunden Angst vor dem Unbekannten? Vier Menschen schildern ihre unterschiedlichen Erfahrungen mit einem Elektroauto.

Wenn es um die Alltagstauglichkeit von Elektroautos geht, kann kaum jemand ernsthaft mitreden. Nur die wenigsten Autofahrer hatten bisher Gelegenheit, ein Batterieauto über eine kurze Probefahrt hinaus auszuprobieren. Das sind die Erlebnisse von vier Menschen, die unterschiedliche Erfahrungen mit einem Elektroauto sammeln konnten

Michael Gorr ist genau der Richtige für ein Elektroauto. Er pendelt nicht weit in die nächste Stadt zur Arbeit, kutschiert gelegentlich seine Söhne zum Sport oder zu den Großeltern. Und wenn er abends auf den Tacho schaut, stehen selten mehr als 50 Kilometer auf dem Tageszähler. Autofahrer wie den Mann aus Lich in Hessen haben die Hersteller vor Augen, wenn sie ihre Elektrofahrzeuge anpreisen. Denn Fahrern wie Gorr dürfte theoretisch die limitierte Reichweite der Akkuautos kaum etwas ausmachen. Die Praxis wirft allerdings Fragen auf: Wo beispielsweise soll man das E-Auto laden? Gorr, der als Elektromeister schon von Berufs wegen neugierig auf die neue Antriebstechnik ist, hat seinen konventionellen Wagen testweise für ein paar Tage gegen ein E-Auto getauscht - einen Chevrolet Volt. In dieser Zeit hat er Antworten auf viele Fragen gefunden. "Für die meisten meiner Fahrten käme ich mit einer Akkuladung hin", stellt er rückblickend fest. Die Fahrzeugbatterie ließe sich dann über Nacht wieder aufladen. Das Verlängerungskabel, das er dafür von der Terrasse zum Car-Port gelegt hat, sei allerdings keine vernünftige Lösung gewesen. Ein Stromanschluss direkt am Stellplatz müsste her - "aber das wäre mit meinem Beruf natürlich das kleinste Problem", sagt Gorr. Viel mehr stört ihn an der E-Mobilität der vergleichsweise hohe Preis der Fahrzeuge. Sein herkömmlicher Van kostet in der Anschaffung nur halb so viel wie E-Autos wie ein Nissan Leaf. "Für den Unterschied kann ich lange tanken", stellt Gorr fest.

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Jura-Studentin Eva aus Greifswald musste sich über verbleibende Stromreserven des Autos, mit dem sie die Alltagsprobe aufs Exempel gemacht hat, nicht sorgen: Die junge Frau testete wie Gorr einen Chevrolet Volt, der im Grunde genommen baugleich mit dem Opel Ampera ist und einen sogenannten Range Extender an Bord hat. Dieser Benzinmotor dient als Generator und erzeugt pro Tankfüllung Strom für 400 Extrakilometer, wenn die Batterie zuneige geht und nicht an einer Steckdose nachgeladen wird. Den Range Extender wollte Eva aber nach Möglichkeit nicht nutzen - aus Prinzip: "Denn wenn ich nur Benzin tanke, brauche ich kein Elektroauto." Diese Überlegung stellte sie vor ein Problem: Eine öffentliche Ladesäule in Greifswald kennt sie nicht, und am Haus gibt es keine Außensteckdose. "Also musste ich ein Verlängerungskabel aus dem Schlafzimmerfenster auf den Parkplatz hängen", erzählt die Studentin. Für ein Sommerwochenende sei das machbar gewesen. "Im Winter oder wenn niemand daheim ist, scheidet diese Lösung aber aus." Für sie kommt deshalb vorerst nicht einmal ein E-Auto mit Range Extender infrage - auch wenn sie unter anderem der sportliche Antritt des Elektromotors im Volt begeistert hat.

Hat Michael Gorr und die Greifswalder Studentin Eva im Praxistest beruhigt: Wenn dem Chevrolet Volt der Saft ausgeht, erzeugt ein benzinbetriebener Generator Strom für die Weiterfahrt. (Foto: dpa-tmn)

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Wolfgang Brandthaus beschäftigen andere Fragen. Denn das Fahrzeug zahlt sein Chef und die Ladesäule steht auf dem Betriebshof. Brandthaus ist Taxifahrer in München. Er war dort für die Taxizentrale Isar Funk ein halbes Jahr mit dem Mitsubishi i-Miev auf Achse. Und er hat seinen Arbeitsalltag dafür umstellen müssen, wie er sagt. Die Reichweite, die Mitsubishi mit bis zu 140 Kilometern pro Akkulandung angibt, sei zwar für Stadtfahrten ausreichend gewesen, berichtet Brandthaus. Jedoch habe er die lukrativen Touren hinaus zum Flughafen kategorisch ablehnen müssen. "Sonst wäre ich von dort nicht mehr zurück gekommen." Den Rückweg hatte der Taxifahrer häufiger im Sinn: "Normalerweise dauert meine Schicht oft zwölf Stunden. Aber das E-Taxi musste ich nach sechs Stunden zum Laden abstellen." Dass der Wagen etwas klein geraten ist, war für ihn und seine Kundschaft kein Problem: "So hat gleich jeder gemerkt, dass er in einem besonderen Auto sitzt, und wir sind sofort ins Gespräch gekommen." Brandthaus würde sofort wieder in ein E-Mobil umsteigen, weil es so schön leise ist und im Stadtverkehr flott vorankommt. "Es müsste nur zum Beispiel mit Starkstrom schneller zu laden sein. Oder es müsste ein zweites Auto geben, auf das man bei leerem Akku sofort wechseln kann."

Hansjörg von Gemmingen will auf sein Elektroauto schon lange nicht mehr verzichten. Seit Herbst 2009 fährt er einen der ersten Tesla Roadster in Deutschland und hat damit inzwischen mehr als 200.000 Kilometer abgespult. Trotz der maximalen Akkureichweite von 340 Kilometern reist der Privatier aus Karlsruhe mit seinem Tesla regelmäßig nach Hamburg, Berlin oder in die Schweiz. Solche Touren plant er akribisch im Internet - und lässt sich unterwegs mehr Zeit. Von Gemmingens Verwandte haben mittlerweile alle Ladesäulen aufgestellt. Hotels oder Gaststätten sucht er nicht nach dem kulinarischen Angebot aus, sondern nach der elektrischen Infrastruktur. Zwischendurch zapft er Strom bei anderen Tesla-Fahrern, die ihre Garagen mit einem Zahlenschloss sichern und die Codes austauschen. Und wenn mal gar nichts anderes geht, klingelt er auch bei wildfremden Bauern: "Dort gibt es für die schweren Geräte fast immer einen Starkstromanschluss." Der Freiherr ist zwar auch schon ein paar Mal liegengeblieben und nur mit Hilfe des Pannendienstes nach Hause gekommen. Dennoch ist er überzeugt: "Mit der entsprechenden Logistik taugt ein Elektroauto selbst für den Alltag des Vielfahrers." Seit er den Tesla habe, stehe sein Mercedes nur noch für Notfälle in der Garage.

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