ADAC-Präsident Peter Meyer:Ich war's nicht

ADAC-Präsident Peter Meyer

ADAC-Präsident Peter Meyer hat derzeit wenig zu lachen.

(Foto: dpa)

Seit mehr als zehn Jahren steht Peter Meyer an der Spitze des ADAC. Der Präsident gilt als wenig zimperlich, hält sich in der Krise aber auffällig zurück. Jetzt zeigt sich, dass die Duckmäuser-Strategie nicht aufgeht.

Bastian Obermayer und Uwe Ritzer

Am Anfang tat er so, als ginge ihn alles nicht wirklich etwas an. So lange wie möglich hielt sich Peter Meyer, 64, aus der Diskussion um die gefälschten Zahlen bei der ADAC-Wahl zum "Lieblingsauto der Deutschen" heraus. Geschäftsführer Karl Obermair musste alleine in die Bütt, um die Fälschungen einzugestehen und sich öffentlich dafür zu entschuldigen. Peter Meyer aber, der Präsident und eigentliche mächtige Mann im zweitgrößten Automobilverband der Welt, schwieg. Als das Wegducken nicht mehr funktionierte, erklärte Meyer die Trickserei zum "Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters" und sich zum "Garanten für die Aufklärung". Klappe zu und fertig?

Die Strategie des ADAC-Präsidenten, so viel lässt sich jetzt schon sagen, geht nicht auf. Der Versuch, alles auf einen Schuldigen zu schieben und ansonsten zur Tagesordnung überzugehen, funktioniert nicht. Denn für den ADAC geht es inzwischen um weit mehr als nur um Zahlenspiele.

Es geht ans Eingemachte. Die Glaubwürdigkeit der gesellschaftlichen Instanz ADAC ist erschüttert. Mitglieder sind empört und treten aus. Auf einem einschlägigen Internetportal hat sich die Nachfrage nach einem Austrittsformular binnen weniger Tage verfünffacht.

Vereinsstatus steht auf dem Spiel

Das Amtsgericht München prüft, ob der ADAC seinen Vereinsstatus überhaupt noch zu recht trägt. Dabei geht es um viel Geld, denn davon hängt das Recht ab, weiterhin nur zehn Prozent Umsatzsteuer auf die Mitgliederbeiträge zu zahlen, die sich auf eine Milliarde Euro belaufen. Doch auch Peter Meyer selbst gerät immer mehr in die Kritik.

Es geht darum, wann der Präsident von den jahrelangen Manipulationen seines engen Mitarbeiters Michael Ramstetter erfuhr, dem geschassten ADAC-Kommunikationschef. Zumindest eine Woche vor der Verleihung der "Gelben Engel" wusste er zumindest von den Vorwürfen gegen Ramstetter. Eigentlich genug Zeit, um ihnen nachzugehen. Manch einer der Automanager, die bei der Preisverleihung in München anwesend waren und Auszeichnungen entgegen nahmen, fühlen sich nun, als habe die ADAC-Spitze sie ins Messer laufen lassen.

Die Sache mit den Rettungshubschraubern

Aber auch Meyers präsidiales Gehabe gerät in die Kritik. Er habe Geld verprasst, wirft ihm die Illustrierte Stern vor, weil er mit ADAC-Rettungshubschraubern zu Terminen geflogen sei. Ganz abgesehen davon, dass es prinzipiell nicht gut aussieht, wenn man zum Repräsentieren oder zu Sitzungen mit einem Rettungshubschrauber einschwebt. 30 mal flogen ADAC-Präsidiumsmitglieder in zehn Jahren auf diese Weise zu Terminen, nur in "absoluten Ausnahmefällen", sagt ein ADAC-Sprecher.

Menschen, die Peter Meyer länger und näher kennen, wundern sich seit Tagen über dessen Krisenmanagement. Denn eigentlich gilt er als direkt und zupackend. "Der ballt die Faust in der Tasche", sagt einer und vermutet: "Am liebsten würde er lospoltern und schimpfen, auf Ramstetter, auf die Medien, auf alle Kritiker." So kennt man Meyer im ADAC. Als einen, der nicht nur in der Wortwahl wenig zimperlich ist, vor allem Kritikern gegenüber. Seine Ankündigung, zur Hauptversammlung des ADAC im Mai ein Konzept vorzuschlagen, wie der Verein Vertrauen zurückgewinnen, offener und transparenter werden soll, klingt nach einem Spiel auf Zeit.

Wer ist überhaupt der Mann an der Spitze des ADAC?

ADAC-Präsident Peter Meyer

Peter Meyers Aufstieg zum ADAC-Präsidenten war rasant. Geht es jetzt genauso schnell abwärts?

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Seit Mai 2001 steht der gelernte Speditionskaufmann und studierte Betriebswirt aus Westfalen an der Spitze des ADAC. Nach wenigen Tagen im Amt, führte ihn einer seiner ersten Termine zum damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Das kann man auch als Statement interpretieren: Ein ADAC-Präsident verkehrt auf Augenhöhe mit den Mächtigen der Republik, er sitzt mit ihnen am Tisch und redet mit. Aber alles hat seine Grenzen. Meyer wollte den Kanzler zu einem Runden Tisch in Sachen Mobilitätskosten überreden. Schröder ließ ihn abblitzen.

Seit fast 34 Jahren ist Peter Meyer ADAC-Mitglied und er engagierte sich dort nahezu von Anfang an ehrenamtlich. Das tut nur ein kleiner Bruchteil der vielen Millionen Mitglieder. 1997 zog der selbstbewusste Speditionsunternehmer in den Vorstand des ADAC Nordrhein ein, einem von 18 Regionalklubs. 1999 wurde er Vize des langjährigen ADAC-Präsidenten Otto Flimm, der als sein Ziehvater gilt.

Wann immer Peter Meyers Amtszeit enden wird - sein Name wird mit dem Aus- und Umbau des betulichen Autofahrerverbandes zum Milliardenkonzern verbunden bleiben. Und damit vielleicht für den Kern des Problems, das über die Zahlenschummelei hinausgeht. In der Amtszeit des leidenschaftlichen Jaguar-Fahrers und Jägers Meyer stieg der ADAC im großen Stil ins Versicherungsgeschäft ein. Seit 2004 bietet der Verband seinen Mitgliedern Autofinanzierungen und Sparbriefe an. Aus dem Pannenhilfe-Klub wurde ein kommerzieller und höchst profitabler Dienstleister. Allein dessen Abteilung Öffentlichkeitsarbeit ist so groß, dass selbst manche Dax-Konzerne neidisch werden. Immerhin: Unter Meyers Amtszeit stieg auch die Zahl der ADAC-Mitglieder von 14,4 auf knapp 19 Millionen.

Höhere Benzinpreise statt Pkw-Maut

Nach außen füllte Peter Meyer seine Rolle als Lobbyist in Berlin und Brüssel mit Verve aus; seine politischen Einwürfe können mitunter scharf ausfallen. Manchmal fallen sie dann auch auf ihn zurück, so geschehen Ende vergangenen Jahres, als er im Kampf gegen die PKW-Maut mit einer eher ungewöhnlichen Sicht vorpreschte: Mit der Forderung, statt der Maut lieber die Benzinpreise zu erhöhen. Die Bild-Zeitung titelte neben einem großen Meyer-Foto: "Rad ab?"

Die Hubschrauberflüge sind aller Voraussicht nach nichts, was an Meyer hängen bleiben wird. Laut einem Sprecher wurden sie dem ADAC von der Luftrettungs-GmbH des Verbands ordnungsgemäß in Rechnung gestellt. Außerdem soll es sich lediglich um Reserve-Hubschrauber gehandelt haben, die nicht im regulären Einsatz gefehlt haben. Sollte das alles so stimmen, kann man darin keinen echten Skandal erkennen. Aber auch diese Geschichte passt jetzt gerade eben ins Bild vom großkotzigen Autoklub.

Meyer denkt weiterhin nicht an Rücktritt

Die Zahlenmanipulationen soll nun übrigens ein großes Wirtschaftsprüfungsunternehmen aufarbeiten. Und Peter Meyer? Intern muss er sich wohl kritischen Fragen stellen. Angeblich rumort es in einigen Regionalklubs, was alleine nichts heißt, denn auch dort gab es in den vergangenen Jahren reichlich Missstände. "Die sollen lieber vor der eigenen Tür kehren", sagt ein Insider.

An Rücktritt denke er nicht, lässt ADAC-Boss Peter Meyer mitteilen. "Ich habe die Situation anfänglich falsch eingeschätzt, das ist ganz klar", räumt er ein. Daraus habe er aber gelernt und nun arbeite er mit Hochdruck daran, dass eine Wiederholung solcher Vorgänge nicht geschieht. "Als Präsident wurde ich erst im letzten Jahr mit großer Mehrheit bis 2017 wiedergewählt", sagt er. "Ich sehe es als meine persönliche Aufgabe an, das Vertrauen in den ADAC schnellstmöglich wieder herzustellen."

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