Motorradmesse Intermot:Der Dampf ist raus

Kunden-Suche: Die Motorradhersteller leiden unter schlechtem Geschäft - das zeigte auch in diesem Jahr die Intermot. Doch es muss weitergehen.

Thilo Kozik

Alle zwei Jahre findet in Köln mit der Intermot die Neuheitenschau der internationalen Motorradindustrie statt und kein namhafter Hersteller kann es sich leisten, nicht präsent zu sein. Doch diesmal waren längst nicht alle mit Premieren und Überraschungen an den Rhein gekommen.

Das liegt zum einen an der Konkurrenzveranstaltung Eicma im November in Mailand, die mancher Zweiradproduzent für wichtiger hält. Zum anderen hat die Branche weltweit mit massiven Einbrüchen zu kämpfen, gegen die sich der Rückgang bei den Neuzulassungen in Deutschland um knapp zehn Prozent in diesem Jahr harmlos ausnimmt.

Besonders betroffen von der Misere sind die japanischen Hersteller, entsprechend gedrückt ist die Stimmung. Honda, der größte unter ihnen, stellte in Köln gar keine Neuheiten vor. Auch Konkurrent Yamaha hielt sich zurück - dort hat man sich mit den spät im Jahr gekommenen Modellen Super Ténéré und den FZ8-Geschwistern offenbar verausgabt.

Suzuki dagegen setzt für die Saison 2011 auf besseres Leistungsgewicht und will mit weniger Kilogramm und mehr PS punkten - beispielsweise mit den GSX-R Supersportlern. Interessanter dürfte aber die neue GSR750 sein, ein unkomplizierter, unverkleideter Allrounder mit modernem Design. Ihr Antrieb basiert auf dem Reihenvierzylinder aus der GSX-R750 von 2005, der allerdings für besseren Durchzug in der Leistungsspitze auf 106 PS gekappt wurde. Unverständlich: Die knapp 9000 Euro teure GSR kommt ohne ABS, zumindest vorerst.

Kawasaki sorgte in Köln für mehr Wirbel. Hier führt die Neuheiten der Supersportler ZX-10R an, der das Wettrüsten wohl weiter ankurbeln wird - der 998 Kubik große Reihenvierzylinder mobilisiert unglaubliche 200 PS. Elektronische Assistenzsysteme wie regelbare Traktionskontrolle, unterschiedliche Fahrmodi und das erste optionale Supersport-ABS sollen helfen, die Leistung zu bändigen. Damit hat es dieses Bike ganz klar auf die BMW S 1000 RR abgesehen.

Am anderen Ende der Kawasaki-Skala bietet die W800 einen ganz eigenen Fahrgenuss. Das im Stil der sechziger Jahre gehaltene Motorrad ist mit einem Königswellenantrieb und moderner Einspritzanlage versehen. Aus 773 Kubik schöpft der luftgekühlte Reihen-Zweizylinder 48 PS, mit denen man sich für rund 8100 Euro entspannt den Wind um die Nase wehen lassen kann. Zwischen diesen Extremen locken die beiden Landstraßensportler Z750R und Z1000SX: Die vollverkleidete, 138 PS starke Tausender kommt als supersportliche Touringversion mit verstellbarem Windschild, die 750er ist ein modernes Naked-Bike mit 106 PS starkem Reihenvierer.

Die europäischen Hersteller sind von der Rezession zwar weniger betroffen, doch die düsteren Marktaussichten machen auch hier Sorgen. Aber im Gegensatz zu den Japanern legen die Europäer keine abwartende Haltung an den Tag, sondern geben Gas, wie es die Premieren der Intermot bewiesen.

Ein Lichtblick aus Österreich

So trumpft BMW mit den beiden ersten Sechszylindermodellen K1600 GT und K1600 GTL mächtig auf. Deren ultrakompakte Motoren schöpfen aus 1649 Kubik Hubraum satte 160 PS und gewaltige 175 Newtonmeter Drehmoment.

Doch weniger die Maximalwerte als die sanfte, durchzugsorientierte Kraftentfaltung soll den Kardantourern zu einer Ausnahmestellung verhelfen. Drei verschiedene Fahrmodi stehen zur Verfügung, das Integral-ABS ist serienmäßig, optional gibt sind Traktionskontrolle und die elektronische Fahrwerksverstellung ESA II. Innovativ: Das erste adaptive Kurvenlicht bei Motorrädern.

Ein weiteres aufsehenerregendes Bike aus Deutschland ist die neue Horex mit exklusiver VR6-Technologie. Das Schmuckstück soll zwar erst Mitte 2011 zu haben sein, doch mit dem soliden Messeauftritt legten sich die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Münchner Unternehmens.

Publikumsmagnet war auch das neue Supersport-Flaggschiff von Ducati, die 1198 SP. In der bekannt-schönen Hülle der italienischen Superbike-Familie werkelt serienmäßig Hightech mit Traktionskontrolle, Schaltautomat und Antihopping-Kupplung. Aprilia will, so zeigte es der Messestand, sein lockeres Dorsoduro-Konzept mit einem 1200-Kubik-Motor auf höheres Niveau heben. Der flüssigkeitsgekühlte 90-Grad-V-Motor leistet beachtliche 130 PS, auf Wunsch gibt es eine Traktionskontrolle.

Moto Guzzi setzt dagegen auf den aktuellen Retrotrend und bedient diesen mit der V7 Racer im Stil der hauseigenen Rennmaschinen der sechziger Jahre. Die 50 PS des quer eingebauten Luft-Öl-gekühlten V-Motors riechen indes mehr nach Landstraße als nach Rennstrecke.

Für beide Einsatzzwecke hat der britische Traditionshersteller Triumph seine Stilikone Speed Triple mit neuem Rahmen, neuen Federelementen, Rädern und mächtig modernisierter Optik versehen. Sportliche Naturen befriedigt das Bike mit seinem auf 111 Newtonmeter und 135 PS erstarkten 1050 Kubik großen Dreizylinder.

Schließlich ein Lichtblick aus Österreich, der endlich wieder die Jüngeren aufs Motorrad locken könnte: Die KTM 125 Duke möchte mit mutigem Design und echten15 PS die Lust aufs Zweirad bei den der Branche verloren gegangenen Heranwachsenden wecken - für weniger als 4000 Euro.

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