40 Jahre alt und noch im Einsatz:Bahn überholt Intercity-Züge

Pannen und Konkurrenzunternehmen setzen die Bahn unter Druck. Doch statt neuer Züge gibt's lediglich eine Überholung der alten Intercity-Flotte. Schon vor einem Jahr hat der Konzern begonnen, die 770 Waggons zu sanieren - und ist noch lange nicht fertig.

Daniela Kuhr

Alles ist blitzblank. Alles riecht noch ganz neu: der blaue Teppichboden, die blauen Sitze, in der zweiten Klasse sind sie stoffbezogen, in der ersten Klasse aus Leder. Genaugenommen sieht der Zug aus wie ein neuer ICE - von innen zumindest. Aber es ist kein ICE, es ist ein Intercity-Zug (IC). Und auch kein neuer, sondern ein 35 Jahre alter. Doch er wurde in den vergangenen Monaten in den Werken in Nürnberg und Neumünster generalüberholt - sowohl was die Technik als auch was die Innenausstattung samt Bistro anbelangt. Aus einem alten IC sei wieder ein "echter Wohlfühl-Zug" geworden, sagt Ulrich Homburg. So hört es sich nun einmal an, wenn der zuständige Vorstand für den Personenverkehr klarmachen will, was der Konzern alles in die Wege geleitet hat, um den Service zu verbessern.

Es ist der erste Intercity-Zug, den die Bahn umfassend modernisiert hat. Bis Ende 2014 will der Konzern insgesamt 770 Waggons der bis zu 40 Jahre alten IC-Flotte komplett überarbeiten lassen. "Damit lösen wir einen weiteren Teil unseres Kundenversprechens ein, die Reisequalität nachhaltig zu steigern", sagt Bahn-Vorstand Homburg.

Das allerdings war auch dringend nötig. Weil die Bahn seit einem Unfall in Köln im Sommer 2008 ihre ICE-Züge sehr viel häufiger als geplant zur Kontrolle in die Werkstatt schicken musste, hatte sie sich gezwungen gesehen, wieder verstärkt IC-Züge und zum Teil sogar bereits ausgemusterte Interregio-Züge einzusetzen. Auf manchen Strecken war es daher eine ganze Zeit lang eher die Regel, denn die Ausnahme, dass die Fahrgäste im Zug auf zerschlissene Sitze, schäbige Vorhänge und olle Teppiche trafen. Das will die Bahn mit einem "umfassenden Modernisierungskonzept" ändern. Die Generalüberholung der IC-Flotte ist der erste Schritt. Insgesamt 250 Millionen Euro investiert der Konzern, um die Züge für ihren weiteren Einsatz bis 2023 fit zu machen.

Vom 9. Dezember an, dem Tag des Fahrplanwechsels, werden die ersten der erneuerten Intercity-Züge zwischen Hamburg, Köln und Stuttgart zum Einsatz kommen. Auf der Strecke Hamburg - Köln - Frankfurt werden dafür wieder mehr ICE-Züge statt Intercity-Zügen fahren. Damit würden 80 Prozent des Fernverkehrs zwischen Hamburg und Köln wieder mit "hochwertigen Zügen" gefahren, kündigte Berthold Huber, Fernverkehrs-Vorstand der Bahn, am Donnerstag an. Ob es Zufall sei, dass die modernisierten Intercity-Züge ausgerechnet auf der Strecke als erstes zum Einsatz kämen, auf der die Bahn seit kurzem Konkurrenz hat?", wollte daraufhin ein Journalist wissen. "Nein", sagte Huber, "das ist kein Zufall. Erstens wollen wir mit unseren neuen Zügen auf eine der nachgefragtesten Strecken gehen." Und das sei nun einmal die Verbindung Hamburg - Köln. "Und zweitens wollen wir natürlich zeigen, dass wir besser sind. Konkurrenz belebt das Geschäft." Seit 23. Juli bietet das Kölner Privatbahn-Unternehmen HKX bis zu dreimal täglich eine Fahrt zwischen Hamburg und Köln - zu Preisen, die deutlich unter denen der Deutschen Bahn liegen. Allerdings fährt HKX in ausgedienten Waggons des legendären Rheingold-Expresses aus den siebziger Jahren, die ein wenig aufpoliert wurden.

Die Modernisierungspläne der Bahn beschränken sich nicht auf die Intercity-Flotte. Das Unternehmen lässt auch die 44 ICE-2-Züge generalüberholen. Bis Mitte 2013 soll die Modernisierung abgeschlossen sein. Von 2013 an sollen zudem die ersten von insgesamt 17 neuen ICE-3-Zügen zum Einsatz kommen. Siemens hätte sie schon längst liefern sollen, doch die Zulassung verzögerte sich immer wieder. Darüber hinaus wollte die Bahn von 2013 an erstmals 27 Doppelstockzüge im Fernverkehr fahren lassen. Doch auch hier verzögert sich die Zulassung. Die Züge würden nun voraussichtlich erst Mitte 2014 eingesetzt, sagte Bahnvorstand Homburg.

Insgesamt plant das Unternehmen, in den kommenden Jahren mehr als 13 Milliarden Euro in die Fahrzeugflotte zu investieren. Der größte Teil davon entfällt auf die bis zu 300 ICx-Züge, von denen die ersten Ende 2016 in Betrieb genommen werden sollen. Diese neue Zuggeneration soll zunächst die alte Intercity-Flotte ablösen und später auch die ICE-1- und ICE-2-Züge. Dann, so hofft die Bahn, würden endlich alle technischen Probleme ein Ende haben.

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