US-Notenbank:Die noch bessere Janet Yellen

Jerome Powell

Jerome Powell neben FED-Gouverneurin Lael Brainard bei einer Sitzung in Washington.

(Foto: Shawn Thew/dpa)
  • US-Präsident Trump bricht mit einer Tradition: Statt die Notenbankchefin Janet Yellen zu bestätigen, ernennt er einen Nachfolger.
  • Jerome "Jay" Powell ist Politologe und Jurist, außerdem tief im Partei-Establishment der Republikaner verwurzelt.
  • Mit seiner Ernennung dürften auch die Demokraten gut leben können. Vor allem aber bringt er Trumps ehrgeizige Pläne nicht in Gefahr.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Von Donald Trump heißt es gerne, dass er als Unternehmer und Präsidentschaftsbewerber vor allem deshalb so erfolgreich war, weil er stets aggressiver und risikobereiter zu Werke ging als seine Konkurrenten. Dass der einstige Immobilienmogul aber im Zweifel auch anders kann, zeigt sein Entschluss, Jerome Powell zum Chef der Notenbank Fed zu machen: Es ist eine reine Sicherheitsentscheidung, eine Konzessionslösung, die vielen nutzt und mit der irgendwie alle leben können - die Finanzmärkte, die regierenden Republikaner, die oppositionellen Demokraten. Und vor allem: der Präsident selbst.

Die Einschätzung, dass Powells Wahl keinem weh tut, bedeutet nicht, dass sie falsch wäre. Im Gegenteil: Schaut man zurück, wofür der 64-Jährige seit seinem Amtsantritt 2012 als einfaches Mitglied des Fed-Vorstands eingetreten ist und wie er abgestimmt hat, spricht vieles dafür, dass er die Arbeit der scheidenden Vorgängerin Janet Yellen nahtlos fortsetzen wird. In den gut fünf Jahren, in denen beide die Geschicke der Fed mitprägten, ging die Arbeitslosenquote auf nur noch gut vier Prozent zurück. Die Wirtschaft wuchs langsam, aber stetig, die Inflation war unter Kontrolle. Die Entwicklung war so gut, dass Trump Yellen noch diese Woche "exzellente" Arbeit bescheinigt hatte.

Schutz vor Querschüssen aus den eigenen Reihen

Dass er die 71-Jährige nun dennoch feuert und so mit einer Tradition bricht (seine Vorgänger hatten nach ihrer Wahl den jeweiligen Fed-Chef meist bestätigt), hat einen Grund: Jerome, genannt Jay, Powell ist für Trump die noch bessere Janet Yellen.

Zum einen ist Powell tief im republikanischen Partei-Establishment verwurzelt. Er diente unter Präsident George H.W. Bush als Abteilungsleiter und Staatssekretär im Finanzministerium und hielt auch Kontakt zu Parteigrößen, als er später in die Führungsmannschaft der Carlyle Group wechselte, eine der größten US-Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Er bringt damit auch mit, was viele Republikaner als besonders wertvoll erachten und an Kandidaten mit reiner Hochschulvita oft vermissen: Erfahrung in der Privatwirtschaft. Dass ihn der Private-Equity-Job zugleich zum Multi-Millionär machte, ist aus Sicht konservativer Parteigänger gewiss kein Makel.

Vor allem aber schützt Powells parteipolitische Verankerung Trump vor Querschüssen aus den eigenen Reihen: Viele Republikaner vom ultra-konservativen Flügel nämlich hätten es lieber gesehen, wenn der Präsident den einflussreichen Ökonomen John Taylor oder den ehemaligen Investmentbanker Kevin Warsh als Fed-Chef nominiert hätte. Beide wären aus Sorge um die Geldwertstabilität wohl für deutlich aggressivere Zinserhöhungen eingetreten, als die Fed sie gegenwärtig plant.

Typ "weise Eule" statt Falke oder Taube

Trump hätte sich mit ihrer Wahl jedoch selbst einen Knüppel zwischen die Beine geworfen, denn eine deutliche Straffung der Geldpolitik würde wohl alle seine Versuche zunichte machen, das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren von zuletzt durchschnittlich zwei auf drei oder gar vier Prozent zu steigern. Powell hingegen dürfte weitgehend auf jenem Pfad bleiben, dem die Fed unter Yellen gefolgt war: stetige, aber langsame und kleine Zinserhöhungsschritte bei gleichzeitiger Schrumpfung der Bilanzsumme, die durch die aggressive Konjunkturstützung nach der Rezession der Jahre 2008 und 2009 massiv aufgebläht ist. Hinzu kommt, dass der Vater dreier erwachsener Kinder das strittige Thema Bankenregulierung zwar weniger restriktiv sieht als Yellen, aber auch kein neoliberaler Deregulierungsfreak ist. Das macht ihn bei Republikanern wie Demokraten gleichermaßen vermittelbar.

Wird Powell vom Senat bestätigt, wofür alles spricht, wird er der erste Fed-Chef seit vier Jahrzehnten sein, der kein gelernter Wirtschaftswissenschaftler ist. Der Mann mit den freundlichen Augen und dem schwungvoll aufgeworfenen, halb hell-, halb dunkelgrauen Seitenscheitel ist gelernter Politologe und Jurist, der sich in die ökonomischen Untiefen der Geldpolitik erst einarbeiten musste. Ein Umstand, der manch gelerntem Volkswirt leichtes Unbehagen bereitet: "So lange die Wirtschaft gut läuft, glaube ich nicht, dass das ein Problem sein wird", sagte Jon Faust, Wirtschaftsprofessor an der John-Hopkins-Universität in Baltimore, der New York Times. Anders könne es jedoch aussehen, wenn das Land erneut in eine Rezession gerate und die Notenbank "innovativer und kreativer Führung bedarf".

Richard Fisher, Ex- Präsident der Regional-Zentralbank von Dallas, hält solcherlei Zweifel an Powells Qualitäten für grundlos. Ja, mehr noch: Er schuf für den künftigen Notenbankchef eigens eine neue Tierkategorie: Powell passe nicht ins gängige Bild der geldpolitischen "Falken", die überall Inflationsgefahren sehen, und der "Tauben", für die der Leitzins gar nicht niedrig genug sein kann. Er sei eher der Typ "weise Eule".

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