Kunstprojekt:Münchner Frauen packen aus

Die Fotografin Martina Prutscher hat einen Blick in fremde Handtaschen geworfen - und Erstaunliches zu sehen bekommen.

Interview von Amelie Völker

6 Bilder

"Habseligkeiten" von Martina Prutscher

Quelle: Martina Prutscher

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Martina Prutscher hat für ihr Fotografie-Projekt "Habseligkeiten" tief in die Taschen ihres Bekanntenkreises geschaut. Das macht neugierig. In einer Tasche ist neben Schlüssel und Kugelschreiber auch ein einzelner Gummihandschuh zu sehen. Beim Betrachten solcher Bilder gerät der Betrachter sofort ins Spekulieren: Ein Arzt vielleicht? Oder doch nur das Überbleibsel des jüngsten Erste-Hilfe-Kurses? Von 1. Mai bis 18. Juni sind die so entstandenen Fotografien im zweiten Donisl-Schaufenster am Marienplatz zu sehen. Die jeweiligen Besitzer der Taschen bleiben in der Ausstellung anonym. Dem Betrachter bleibt also nichts anderes übrig, als wild zu spekulieren.

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Quelle: Frank Luebke

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SZ: Frau Prutscher, was haben Sie denn gerade in Ihrer eigenen Tasche? Einen Drumstick zum Beispiel, Sie sind ja Musikerin?

Martina Prutscher: In meiner Tasche sind immer sehr viele Dinge, von denen ich denke, dass ich sie alle irgendwann mal brauchen werde. Mehr verrate ich jetzt nicht, meine Tasche ist ja auch unter den Fotos dabei.

Wie ist denn so ein Taschen-Shooting abgelaufen?

Das war meist sehr spontan, ohne das ich mit den jeweiligen Personen einen konkreten Termin ausgemacht hatte. So konnten sie sich natürlich auch nicht vorbereiten und zum Beispiel noch schnell in der Tasche aufräumen.

Habseligkeiten

Quelle: Martina Prutscher

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Und dann haben ihre Bekannten ihre Tasche vor Ihnen auf der Straße ausgeleert ...

Fotografiert habe ich meist da, wo ich gerade war, also in meinem Musikstudio, in einer Kneipe, oder auf irgendeinem Tisch unterwegs. Das sind jetzt auch keine ausgeleuchteten Studio-Fotos, sondern alle mit meiner Kompaktkamera direkt vor Ort gemacht.

Aber an sich geht ja so etwas niemanden etwas an - warum zeigen Sie den Inhalt von Taschen?

Na ja, so Taschen tragen wir zwar sehr offensichtlich mit uns herum, aber was da drin ist, ist so privat wie unsere Gedanken, die wir mit uns herumtragen. Von denen erfährt meistens keiner was. Und das wollte ich ein bisschen rauskitzeln.

Habseligkeiten

Quelle: Martina Prutscher

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Und was sagt so eine Tasche und ihr Inhalt über einen Menschen aus?

So eine Tasche und ihr Inhalt bieten viel Platz für Fantasie und Geschichten, die sich der Betrachter zusammenreimen kann. Aber es wäre zu einfach zu sagen, man könnte von einem bestimmten Tascheninhalt auf einen bestimmten Typ von Mensch schließen.

Es gibt ja eigentlich nichts, was Menschen nicht in ihrer Alltags-Tasche umherschleppen. Hat sie eine Sache dann doch verwundert?

Eine Frau hatte drei oder vier verschiedene Globuli-Fläschchen dabei. Da dachte ich mir dann schon: Wow, ein ganzes Arsenal für alle Zustände, in die man so geraten könnte unterwegs.

Habseligkeiten

Quelle: Martina Prutscher

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Warum haben Frauen immer so viel in den Taschen?

Das ist ja immer das Klischee. Ich hatte auch Frauen, die wenig dabei hatten. Aber die meisten Frauen wollen eben auf alles Mögliche vorbereitet sein.

Und was sagt das dann über Männer und ihre Taschen aus?

(Lacht) Ich glaube, der Tascheninhalt ist eher persönlichkeitsabhängig als geschlechterspezifisch. Und Männer haben eh meist eher ihr ganzes Zeug in ihren Hosen- oder Jackentaschen.

Habseligkeiten

Quelle: Martina Prutscher

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Ist das Kunst, was Sie da machen?

Ja ich bin Künstlerin und das ist eines meiner zahlreichen Projekte. Das mag aber jeder definieren, wie er möchte. Das Foto-Projekt ist übrigens bis jetzt noch nicht unbedingt abgeschlossen, ich bin immer noch offen für neue Tascheninhalte.

"Habseligkeiten" von Martina Prutscher. Donisl-Schaufenster, Marienplatz 1. Zu sehen vom 1. Mai bis 18. Juni 2017.

© SZ vom 28.04.2017/sim/ebri
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