Tourismus:Neues altes Reiseziel Iran

Naqsh-e-Jahan-Platz in Isfahan: Tourismus in Iran

Iranische Touristen auf dem Naqsh-e-Jahan-Platz in Isfahan. Schon bald werden auch mehr Besucher aus dem Ausland kommen.

(Foto: Simon Dawson/Bloomberg)
  • Iran boomt als Reiseziel - Veranstalter wie Gebeco und Studiosus verzeichnen einen Touristen-Ansturm.
  • Mit der Aufhebung der Sanktionen wird sich diese Entwicklung noch verstärken.

Von Katja Riedel, Isfahan

"Hello-welcome-how-are-you!", schallt es wie ein Schlachtruf über den Meidan-e Emam in Isfahan, einen der größten und schönsten Plätze der Welt. Menschen mit für iranische Verhältnisse zu bunter Kleidung und schlecht sitzenden Kopftüchern nähern sich der Moschee, vor der die Schulkinder sitzen.

Es sind keine Prominenten, die zwischen all den Zauberbauwerken entlanglaufen, es sind einfache Touristen aus Deutschland. Und die erleben, was zu jedem Iranbesuch gehört: selbst Attraktion zu sein. Diesmal sind es gleich mehrere Schulklassen, die rhythmisch rufen, klatschen und um Selfies mit den Gästen aus dem Westen bitten.

Eine Reise nach Iran ist kein bequemer Ausflug

Noch ist Iran ein eher exotisches Reiseziel. Noch sind Touristen für die Iraner etwas Besonderes, sie sind ein Versprechen, dass es aufwärts gehen soll mit ihrem Land. Ein Versprechen, dem sie mit überwältigender Freundlichkeit die Arme öffnen. So nett das klingt: Eine Reise nach Iran ist kein bequemer Ausflug, es ist ein Land, das den Reisenden strenge Regeln abverlangt. Auch Touristinnen müssen Kopftuch tragen, dazu Kleidung, die die Körperkontur verhüllt.

Es ist nicht die einzige Einschränkung in einem Land, in dem es viele Unfreiheiten gibt. Wer im Bus über die kleinen und großen Straßen durch das Land fährt, wird viele Male am Tag an Polizeistationen halten müssen. Ein Glas Wein zum Abendessen oder ein kühles Bier sind auf legalem Weg nicht zu bekommen, das Alkoholverbot der Islamischen Republik gilt auch für Besucher.

Und dennoch ist so etwas wie ein Boom des Reiselandes zu verzeichnen. Der begann bereits 2013, mit der Wahl des neuen Staatspräsidenten Hassan Rohani. Die Neuentdeckung des Reiselandes hat nicht nur mit Iran selbst zu tun, sondern auch damit, dass der umstrittene Staat, verglichen mit anderen in der Region, als relativ sicher gilt.

Die Nachfrage sei "förmlich explodiert", sagt Ury Steinweg, Geschäftsführer des Studienreisen-Anbieters Gebeco. Zahlen nennt Konkurrent Studiosus. Dort buchten 2015 2652 Teilnehmer eine Iranreise. 2013 waren es gerade einmal 523. Die Nachfrage ist bei allen großen Anbietern stark gestiegen, sie haben deshalb zuletzt immer mehr Reisen in ihre Programme aufgenommen und die Reisezeiten auf den Spätherbst ausgedehnt, in dem Iran golden leuchtet wie der Indian Summer, es aber selbst in der Wüstenregion schon bitterkalt sein kann.

Flüge sind kein Problem, es mangelt an Betten

Noch stärker können die deutschen Reiseveranstalter ihr Angebot derzeit aber nicht ausweiten. Flüge seien kein Problem, doch es mangele an Betten. "Wir gehen aber davon aus, dass sich die Lage in punkto Hotels entspannen wird. Vielleicht noch nicht 2016, aber 2017", sagt Frano Ilic, Sprecher von Studiosus.

Gleichwohl ist noch viel zu tun: Die größeren Hotels stammen fast alle aus den Siebzigerjahren, in vielen sind die Badezimmer und Heizungen marode, die Technik ist selbst in märchenhaft schönen Anlagen wie dem berühmten Abbasi-Hotel in Isfahan veraltet und erfüllt mitnichten das Niveau, das sich besser verdienende Studienreisende wünschen, die nicht nur aus Europa kommen, sondern auch aus Asien.

Internationale Hotelketten waren nach der Islamischen Revolution 1979 aus dem Land verschwunden. Jetzt sollen neue Hotels entstehen - auch dies ein Riesengeschäft für die europäische, amerikanische und die chinesische Wirtschaft, die in Iran überall große Absatzmärkte wittert. Vom Auto bis zum Rasierapparat. Am Teheraner Flughafen leuchten bereits die Werbeschilder zweier neuer Hotels, eines gehört zur Kette Novotel, ein Novum.

Kulturinteressierten ist im Orient nur Iran geblieben

Auch Individualreisende zieht es in das ehemalige Persien, den Boom bringen aber vor allem die Kulturinteressierten. All jene, die sich weniger für den sich wandelnden modernen Staat und dessen politische Zerrissenheit interessieren als für die Kunstschätze des alten Persien. Für Persepolis zum Beispiel. Für das untergegangene Pasargadae. Für die Windtürme in der Wüstenstadt Yazd und für die Stätten der Zoroastrier.

Dieselbe Klientel, die Ägypten schon kennt, die eigentlich gerne nach Syrien reisen würde oder zu Ausgrabungsstätten in Nordafrika, bucht nun Reisen nach Teheran, Isfahan und Shiraz und zu insgesamt 17 Unesco-Weltkulturstätten, die es im Land gibt. Ausgerechnet der ehemalige Schurkenstaat, ausgerechnet Iran, ist den Orientreisenden als beinahe einziges sicher scheinendes Urlaubsland der Region geblieben.

Dass die Studienreisenden sich nun Iran ausgeguckt haben, "hängt sicherlich auch damit zusammen, dass viele Länder mit vergleichbaren Sehenswürdigkeiten aufgrund der aktuellen politischen Lage als Reiseziele wegfallen", sagt auch Gebeco-Chef Steinweg. Zwar hätten Gäste Angst vor Reisen in islamische Länder - für Iran und Usbekistan gelte dies jedoch nicht, hätten Befragungen gezeigt. Der Boom dürfte anhalten.

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