Olching:Künftig ohne Provokationen

Olching: Dirk Driesang doziert im Olchinger Daxerhof vor Mitgliedern und Anhängern der AfD.

Dirk Driesang doziert im Olchinger Daxerhof vor Mitgliedern und Anhängern der AfD.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die AfD will sich die Wählerschichten im bürgerlichen Lager erschließen. Dafür sollen sich die Mitglieder um eine gemäßigte Sprache bemühen

Von Felix Sommerfeld, Olching

Einen anderen Ton möchte die Alternative für Deutschland (AfD) künftig anschlagen. "Grenzüberschreitungen", hieß es bei einer Veranstaltung in Olching, sollten in Zukunft ebenso vermieden werden wie die Phrase "Das wird man doch wohl noch sagen dürfen". Denn die AfD möchte sich als Partei rechts von der Union etablieren und sich dafür einer anderen Sprache bedienen.

Man wolle nicht als Partei enden, die bei den Bundes- und Landtagswahlen bei fünf oder sechs Prozent stagniert, sagte Dirk Driesang, Mitglied des Bundesvorstands, am Montagabend beim Stammtisch des AfD-Kreisverbands Dachau-Fürstenfeldbruck im Daxerhof in Olching. Um langfristig auf die Wähler aus der bürgerlichen Mitte zählen zu können, seien "Grenzüberschreitungen" zu vermeiden. Mit gemäßigterer Sprache ließen sich die Inhalte gleichermaßen vermitteln, ohne durch "unnötige Provokationen" liberale Anhänger zu verlieren. Schließlich wolle die AfD keine rechtsradikalen Wähler anwerben, wie Driesang mehrmals betonte.

Zu provokantem Auftreten gehört anscheinend auch, wenn AfD-Anhänger "die Wahrheit sagen" wollen. AfD-Anhänger der Alternative für Deutschland (AfD) bedienen sich gerne solcher Floskeln, um zum Ausdruck zu bringen, dass sie kein Blatt vor den Mund nehmen, dass sie sich nicht ihre rechte Gesinnung verbieten lassen wollen. Wer politische Diskussionen auf den Kanälen sozialer Medien oder anderweitig verfolgt, kennt das zu Genüge. Doch mit "das wird man doch wohl noch sagen dürfen" soll es künftig vorbei sein, einiges darf man nun wohl doch nicht mehr sagen, auch nicht bei der AfD.

Ein Zuschauer wirft ein, dass die Trennlinie zwischen "Grenzüberschreitungen" und "klarem Ansprechen" schwer zu ziehen sei - ein Verweis auf Björn Höcke. Aufruhr haben die Aussagen des Fraktionschefs der thüringischen AfD verursacht, die er in der Talksendung bei Günther Jauch getroffen hat: Er sprach von einer Gefahr für blonde Frauen, die von Männern aus Kulturkreisen ausgehe, in denen Frauen einen geringeren Stellenwert haben als in Europa. Die Ereignisse in Köln seien Beleg genug, dass diese Gefahr real ist und nicht mehr verschwiegen werden kann.

Doch nicht nur mit dieser Aussage ist Höcke angeeckt. Als er im November von einem "lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp" gesprochen hat, wurden Ermittlungen wegen Volksverhetzung eingeleitet. Diese wurden zwar bald wieder eingestellt, als eindeutig rassistisch wurden die Aussagen aber dennoch gewertet, Höcke wurde von seiner Lehrertätigkeit beurlaubt. "Das soll jetzt keine Diskussion über Höcke werden", gab Driesang zu verstehen, als es weitere Wortmeldungen zu diesem Thema gibt. Ähnliche verbale Fehltritte seien in Zukunft von der AfD in jedem Fall zu vermeiden - das sei wichtig, um nicht weiterhin aus dem politischen Diskurs ausgeschlossen zu werden.

In seiner Rede kritisierte Driesang zum einen und vordergründig die aktuelle Flüchtlingspolitik, zum anderen die Supranationalität, das Abgeben von bundeseigener Souveränität an die Institutionen der EU oder innerhalb internationaler Handelsabkommen. Die 50 anwesenden Personen, größtenteils Männer im gehobenem Alter, hörten eine Rede, garniert mit Zitaten von Alexis de Tocqueville und Ludwig Erhard, in der Grenzkontrollen gefordert wurden und die Notwendigkeit einer offenen Debatte mehrmals betont wurde.

Es entstand der Eindruck, als könnten nicht alle Anwesenden folgen. Das mochte daran gelegen haben, dass die Bedienung im Minutentakt Schweinsbraten und Bier brachtet und Driesang immer wieder pausieren musste oder aber daran, dass die gebrachten Bestellungen reizvoller waren als die Ausführungen des Redners. Es mochte aber auch an der Art der Rede und der Vortragsweise gelegen haben.

Driesangs Rede machte einen akademischen Eindruck, er schien bemüht, ohne Populismus auszukommen. Es gelang ihm nicht ganz, ein bisschen schimmerte er allen Bemühungen zum Trotz durch - so bezifferte er die Kosten für Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge auf "etwa ein Griechenland-Paket". Darüber wurde gelacht, nachgefragt, ob das nun 25-Milliarden-Euro seien, wie beim kleinsten Rettungspaket, oder 142 Milliarden Euro, wie beim größten, wurde aber nicht.

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