Puch:Edigna zu Ehren

Der gleichnamige Verein, 1969 in Puch gegründet, hat das Ziel, das Leben der mythischen Figur alle zehn Jahre auf die Bühne zu bringen

Von Manfred Amann, Puch

Alle zehn Jahre, das nächste Mal wieder 2019, werden in dem kleinen Dorf Puch, das 1978 nach Fürstenfeldbruck eingemeindet wurde, mit großem Aufwand und weitem Echo Edigna-Spiele aufgeführt. Im Jahr 2009, als sich der Todestag der Volksheiligen zum 900. Mal jährte, musste aufgrund der großen Nachfrage sogar die Spielzeit verlängert werden. Zu den 19 Aufführungen waren insgesamt 4000 Besucher ins Pucher Gemeinschaftshaus gekommen. Und es war erstmals eine Neufassung des bekannten Theater-Regisseurs der Andechser Orff-Spiele, Marcus Everding, unter dem Titel "Selig, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit" auf die Bühne gebracht worden. Auf der Bühne oder hinter den Kulissen waren 120 Mitwirkende im Einsatz. Zuvor hatte der Verein die Errichtung eines Anbaus für eine Bühne finanziell und mit vielen ehrenamtlichen Arbeitsstunden unterstützt. Eine "riesige Herausforderung" sei dies für den Edigna-Verein gewesen, "die wir aber sehr gut gemeistert haben", erinnert sich die Vorsitzende, Edigna Kellermann, die von ihrem Vornamen offensichtlich ein Quäntchen Verpflichtung ableitet. Seit 1978 führt sie den Edigna-Verein, dessen Ziel es ist, das Andenken an die "fromme Dorfheilige" wach zu halten. Denn die Anwesenheit Edignas ließ Puch zu einem wichtigen Wallfahrtsort werden, ihr gottesfürchtiges Leben ist in den Fresken in der Pfarrkirche Sankt Sebastian dargestellt.

Dorfheilige in der Linde

Edigna, für die keine gesicherten Lebensdaten existieren, war angeblich eine Tochter des französischen Königs Heinrichs I. (1031-1060) und seiner zweiten Frau Anna, der Tochter des Fürsten Jaroslav von Kiew (978-1054). Weil sie sich der Staatsräson nicht beugen und sich einer standesgemäßen Zwangsheirat entziehen wollte, ist Edigna der Legende nach geflohen und dabei nach Puch gekommen. Ein Bauer hatte sie auf einem Ochsenkarren mitgenommen, als Edigna, die zu diesem Zeitpunkt erst 19 Jahre alt gewesen sein soll, in die Gegend kam. Die Flüchtige hatte nur wenige Habseligkeiten dabei, darunter einen Hahn und ein Glocke. Unterhalb von Puch sollen plötzlich die Ochsen keinen Schritt mehr gegangen sein, der Hahn soll gekräht und die Glocke gebimmelt haben. Da Edigna dies alles als Hinweis Gottes deutete, dass sie hier bleiben sollte, sei sie abgestiegen, habe fortan in einer hohlen Linde gottergeben gelebt und gute Werke vollbracht, heißt es in den Überlieferungen. Votivtafeln in der Kirche zufolge soll Edigna auch Wunder gewirkt haben. Die Legende stützt sich im Wesentlichen auf die im Jahre 1714 von Maximilian Raßler übersetzte Fassung, die Matthäus Raders 1624 in seinem Werk "Bavaria Sancta" niedergeschrieben hatte. Auf dieser Legende basiert auch das Edigna-Spiel, das Franz Seraph Wagner anlässlich des 850. Todestages der Volksheiligen 1959 für die ersten Spiele verfasst hatte und das bis 1999 aufgeführt wurde. Zum 900. Todestag wurde von Marcus Everding eine Neufassung inszeniert. mann

Zwischen den Spielen engagiert sich der Verein für die Dorfgemeinschaft. 2013 wurde er für ehrenamtliches Engagement, Nachwuchsarbeit und Heimatpflege vom Brucker Kulturverein mit dem Förderpreis ausgezeichnet. Für Edigna Kellermann ist die Lebensgeschichte der frommen Frau, die der Legende nach in der hohlen Linde in Puch lebte und wirkte, interessant genug, um daraus ein gutes Theaterstück zu machen. Viel bedeutender aber sei Edignas Leben als Vorbild, das auch in unserer Zeit noch Antworten darauf gegeben könne, wie man ein Leben in Gemeinschaft verantwortungsvoll führen kann. Edigna habe der Überlieferung nach ihr Leben nach christlichen Tugenden ausgerichtet und auf Reichtum und gesellschaftliches Ansehen verzichtet und stattdessen Armen und Kranken geholfen und sich der Kinder angenommen. Diese Kernbotschaft zu verbreiten, sei gerade in unserer Zeit sehr wichtig, um zum Nachdenken anzuregen. Daher werde der Verein weiterhin dafür sorgen, dass die Edigna-Spiele bleiben, auch wenn sich die Art der Darstellung wie zuletzt mit dem Regisseur Everding zeitlich anpassen werde.

Der Edigna-Verein wurde 1969 nach den zweiten Edigna-Spielen auf Initiative von Franz S. Wagner, Max Paitner und dem damaligen Bürgermeister Bernhard Braumiller gegründet, um die Aufführungen für die Zukunft abzusichern und die Edigna-Verehrung wiederzubeleben. Dabei ist es aber nicht geblieben. "Wir verstehen uns heute als gesellschaftlich vielseitig engagierter Kultur- und Sozialverein", hebt Kellermann hervor und verweist auf die vielen Aktivitäten, die jedes Jahr organisiert werden. Zum Vorsitzenden wurde damals Max Paitner gewählt, ihm folgten 1973 Josef Hanel und seit mittlerweile 33 Jahren ist nun Edigna Kellermann die Chefin des Vereins, der etwa 250 Mitglieder zählt. Diese kommen nicht nur aus Puch, sondern aus verschiedenen Orten im Landkreis. Seit 27 Jahren werden die Sternsinger vom Verein ausgestattet und eingeteilt. Bedeutsam ist auch der Kulturaustausch mit der Ukraine. Immer wieder kommen Pilgergruppen aus dem osteuropäischen Land, wo Edigna ebenso verehrt wird. Darunter sind meist hohe Würdenträger wie der Exarch der katholischen Ukrainer des Byzanthinischen Ritus oder wie 2007 Staatspräsident Viktor Lukaschenko.

Die Vorbereitung für solche Besuche trifft der Verein. Darin hat sich laut Kellermann eine Malgruppe etabliert, die sich mittlerweile Pucher Farbspektrum nennt und 2013 anlässlich ihres 15-jährigen Bestehens in der Sparkasse in Fürstenfeldbruck mit einer Gemäldeausstellung begeisterte. Der Edigna-Verein gestaltet alljährlich einen Festgottesdienst mit Frühschoppen, beteiligt sich am Ferienprogramm, lädt zum Kinderfasching ein, spendet auch an soziale Einrichtungen und fördert Organisationen wie die Tafel der Bürgerstiftung. Für Umzüge wie zum Beispiel für die Brucker Leonhardifahrt wird ein Festwagen mit einer szenischen Darstellung aus dem Leben der Ortsheiligen geschmückt und eine etwa 20-köpfige Kinder- und Erwachsenengruppe in historischen Kleidern abgestellt. Bei "Fürstenfeld leuchtet" 2013 stellten Mitglieder das arme Volk dar. Zu besonderen Anlässen werden kleine Theaterstücke aufgeführt. Für die Eröffnung des Grünen Zentrums 2012 hatte Regisseur Marcus Everding eigens ein szenisches Spiel verfasst, in dem unter dem Titel "Puch, Linde, Bauten" die Geschichte des Dorfes und seine Beziehung zum Kloster Fürstenfeld vermittelt wurden, das in der Anfangszeit dort einen Bruderhof (Grangje) betrieb. Da damals Vereinsmitglieder und Angestellte des Grünen Zentrums mitspielten, sei ein Beitrag zur Integration geleistet worden, merkt Edigna Kellermann an. Gut angenommen wird die Mutter-Kind-Gruppe. Ganz groß geschrieben wird beim Edigna-Verein die Jugendarbeit. Derzeit gehören dem Verein etwa 50 Kinder-und Jugendliche unter 18 Jahren an. Es habe sich eine Jugendtheatergruppe herausgebildet, die mit guten Leistungen überzeuge, lobt die Vorsitzende. Die Nachwuchs-Laiendarsteller hätten schon mehrmals beim Brucker Advent in der Stadthalle mitgewirkt. Seit mehr als 30 Jahren richtet der Verein einen vorweihnachtlichen Familiennachmittag aus, um Jung und Alt sowie Neubürger und Alteingesessene zusammenzubringen und so die Dorfgemeinschaft zu fördern. Und es gibt jährliche Edigna-Treffen, immerhin tragen noch mehr als 20 Frauen in der Region diesen Vornamen.

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