Deutsche Bahn:GDL streikt von Dienstag an - Ende offen

Streik der Lokführer

Zu Pfingsten wollen die Lokführer die Deutsche Bahn noch länger lahmlegen als beim letzten Mal. Ein genaues Ende nennt die Gewerkschaft GDL nicht.

(Foto: dpa)
  • Bahnkunden steht ein neuer Streik der Lokführer bevor. Die Gewerkschaft GDL kündigt an, den Personenverkehr von Mittwoch zwei Uhr an zu bestreiken.
  • Das Ende wird nicht genannt.
  • Gespräche zwischen Bahn und GDL waren am Wochenende gescheitert.
  • Auch Mitglieder der größeren Gewerkschaft EVG könnten demnächst streiken.

Nächster Streik soll noch länger dauern

Der nächste Lokführerstreik soll der Lokführergewerkschaft GDL zufolge noch länger dauern als der vorherige - demnach würde er sich auch über die Pfingstfeiertage erstrecken. Die Streiks sollen nach Angaben von GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstag beginnen. Von 15 Uhr an soll der Güterverkehr bestreikt werden. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch beginnt um zwei Uhr dann auch der Streik im Personenverkehr.

Die Dauer des Streiks hat die GDL noch nicht verkündet. Die Gewerkschaft will erst 48 Stunden vorher das Ende bekanntgeben. Aus Sicht der GDL handelt es sich gleichwohl nicht um einen unbefristeten Streik, weil das Ende angeblich schon feststehe. Weselsky behauptete, man habe nicht vor, "den Weg der Verhältnismäßigkeit" zu verlassen. Aber: "Wir sehen uns gezwungen, in die nächste Eskalationsstufe einzutreten." Die Bahn verurteilte den Streik "als Schikane für viele Millionen Menschen". Der Ersatzfahrplan für den Regional- und Fernverkehr soll nach Angaben des Unternehmens am Dienstag im Laufe des Tages abrufbar sein.

Die Deutsche Bahn hatte zuvor angekündigt, den angekündigten Streik der GDL doch noch verhindern zu wollen - das jedenfalls sagte Personalvorstand Ulrich Weber am Mittag in einer Telefonpressekonferenz. Wie er das jedoch erreichen will, sagte Weber nicht. Der Konflikt müsse rational gelöst werden; "emotional", also mit Hilfe von Streiks werde dies nicht gelingen, sagte Weber. "Das verursacht nur Schäden an allen Ecken und Kanten."

Erst am 10. Mai war ein fast sechstägiger Ausstand im Personenverkehr zu Ende gegangen. Es war der bisher längste Streik in der 21-jährigen Geschichte der Deutschen Bahn AG.

Die Verantwortung für den Streik trägt aus Sicht der GDL die Bahn. Diese habe in den Gesprächen bewiesen, dass in den Verhandlungen keinerlei Ergebnisse erzielt werden sollten. Vielmehr solle der Tarifabschluss bis zum Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes Anfang Juli verschleppt werden. Dem Gesetzentwurf zufolge soll künftig in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag der jeweils größeren Gewerkschaft gelten. Streiks einer kleineren Gewerkschaft wie der GDL für einen eigenen Abschluss wären dann möglicherweise nicht verhältnismäßig und illegal. Weber sagte, die GDL sei ein wichtiger Partner, "daran wird auch ein Gesetz nichts ändern".

Gespräche am Wochenende gescheitert

GDL-Chef Weselsky und seine Kontrahenten von der Bahn hatten am Freitag und Samstag mehr als 20 Stunden in vorher nicht angekündigten Gesprächen versucht, eine Lösung für ihren Konflikt zu finden. Die Bahn legte dabei unter anderem einen Vorschlag über die künftige Bezahlung der Lokrangierführer vor. Sie verdienen zwar derzeit in etwa so viel Lokführer, doch enthält ihr Einkommen einen höheren Anteil an Zulagen und einen niedrigeren Anteil an Festeinkommen - was die GDL ändern will. Nach Darstellung von Bahn-Vorstand Weber hat er bei den Gesprächen einen Vorschlag gemacht, der sofort zu gleicher Bezahlung von Lok- und Lokrangierführern geführt hätte. Die GDL-Vertreter hätten ihn zwar als "intelligent und juristisch machbar" bezeichnet,"aus politischen Gründen" müssten sie ihn allerdings ablehnen.

Außerdem hatte die Bahn eine Schlichtung angeboten, und zuvor ein "Rechtsgespräch" - unter Leitung des früheren Bundesarbeitsrichters Klaus Bepler. Er ist mittlerweile in Pension, der GDL aber sehr vertraut: Es war Bepler, der vor fünf Jahren als Vorsitzender Richter den Grundsatz der Tarifeinheit aufgab, den das Bundesarbeitsgericht zuvor jahrzehntelang verfochten hatte. Damit erleichterte er der GDL ihr derzeitiges Agieren. Nach Angaben der Bahn soll der Termin mit Bepler trotz des Streiks "kurzfristig" zustande kommen. Bepler soll den Gewerkschaftern erklären, warum ein Tarifvertrag mit der GDL gültig bliebe, auch nachdem das Gesetz zur Tarifeinheit in Kraft getreten sei.

Über das abrupte Ende der Verhandlungen gibt es einander widersprechende Versionen. Nach Darstellung der Bahn hatte man sich für Sonntagmorgen um zehn Uhr erneut im Bahntower in Berlin verabredet. Die GDL-Vertreter erschienen jedoch nicht. Stattdessen verschickte Weselsky am Sonntagmorgen kurz nach neun Uhr eine Pressemitteilung. Darin gab er an, die Bahn-Vertreter hätten am Vorabend um 17.50 Uhr den Verhandlungstisch verlassen. Bei der Bahn wiederum wurde bestritten, dass es überhaupt einen Verhandlungstisch gab. Der 20-stündige Termin sei ein "Gespräch", aber keine förmliche "Verhandlung" gewesen.

Streit um ein Tarifeinheitsgesetz

Der nun angekündigte Streik wäre der neunte in der Auseinandersetzung. Der Bundestag plant für den kommenden Freitag die Verabschiedung des Tarifeinheitsgesetzes. Es sieht vor, dass in einem Betrieb mit rivalisierenden Gewerkschaften künftig nur noch der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft gelten soll, die dort die meisten Mitglieder hat. Da in allen Bahn-Betrieben vermutlich die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die meisten Mitglieder hat, fühlt sich die GDL durch das Gesetz existenziell bedroht.

Der neue GDL-Streik wäre womöglich nicht der einzige, der der Bahn bevorsteht. Am Donnerstag setzt der Konzern seine Tarifverhandlungen mit der EVG fort. Diese Gewerkschaft bezeichnet den anstehenden Termin als "entscheidend". Kommt es zu keinem Abschluss, will auch sie streiken. Die Gefahr, dass es soweit kommt, ist relativ hoch, da die Bahn im Grunde mit beiden Gewerkschaften für identische Berufsgruppen nur identische Abschlüsse tätigen will - also gleichzeitig Vereinbarungen treffen will. Dies wiederum gilt als praktisch nicht zu erreichen, angesichts der Rivalität der beiden Gewerkschaften. Dennoch erklärte Bahnvorstand Weber, er werde "versuchen, am Donnerstag mit der EVG zu einem Abschluss zu kommen".

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