Nach Rede auf UN-Konferenz:Kerry geißelt Erdogans Zionismus-Äußerungen

Tayyip Erdogan während seiner umstrittenen Rede in Wien

Recep Tayyip Erdogan während seiner umstrittenen Wiener Rede.

(Foto: dpa)

"Spaltend", "lügnerisch", "verwerflich": Die Reaktionen auf den Zionismus-Kommentar des türkischen Regierungschefs Erdogan sind verheerend. Auch US-Außenminister Kerry reagiert bei seinem Besuch in Ankara empört.

Bei seinem Antrittsbesuch in Ankara hat US-Außenminister John Kerry Erdogans Zionismus-Kommentar kritisiert. Kerry wurde bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu deutlich: "Wir stimmen nicht nur nicht damit überein, sondern wir halten sie für verwerflich", kritisierte er die Äußerungen. Er werde auf die umstrittene Rede auch beim Treffen mit Erdogan zu sprechen kommen.

Eine Verbesserung der derzeit schlechten türkisch-israelischen Beziehungen sei nach dieser Rede "komplizierter" geworden, fügte Kerry hinzu. Bereits zuvor hatte das Weiße Haus in Washington Erdogans Beschreibung des Zionismus als "beleidigend und falsch" bezeichnet.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ist empört: Als eine "dunkle und lügnerische Erklärung" bezeichnete er die jüngste Rede des türkischen Regierungschefs.

Was war passiert: Eigentlich sollte es bei der UN-Konferenz in Wien um die Förderung des Dialogs zwischen Religionen und Völkern gehen. Ein Ansinnen, das Erdogan ins Gegenteil verkehrte. Am Mittwoch sagte er bei der Konferenz: "So wie das für Zionismus, Antisemitismus und Faschismus gilt, ist es unerlässlich, Islamophobie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu betrachten".

Zwei wichtige Verbündete Washingtons

Auch der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußert sich kritisch. Ban bedauere, dass solche "verletzenden und spaltenden Bemerkungen" bei einem Treffen gemacht worden seien, bei dem es um verantwortliche Führung ging. Wenn die Übersetzung der Rede korrekt gewesen sei, "war es nicht nur falsch, sondern widerspricht den Prinzipien" des Treffens, so der UN-Sprecher.

Der Nato-Partner Türkei und Israel sind beide wichtige Verbündete Washingtons. Das Verhältnis zwischen Ankara und Jerusalem ist jedoch eisig, seit ein israelisches Militärkommando im Jahr 2010 bei einem Angriff auf ein türkisches Schiff einer internationalen Hilfsflotte für den palästinensischen Gazastreifen neun türkische Aktivisten getötet hatte. Die Flottille hatte die von Israel gegen den Gazastreifen verhängte Blockade durchbrechen wollen.

Der Zionismus kam im 19. Jahrhundert zunächst als eine Gegenbewegung zum Antisemitismus auf. Theodor Herzl gilt als Begründer und Vordenker des politischen Zionismus, dem er ein Programm gab. Der 1. Zionistenkongress in Basel forderte 1897 unter Herzls Vorsitz die "Schaffung einer gesicherten Heimstätte in Palästina". Für Herzl war der Kongress die Geburtsstunde des jüdischen Staats.

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