Spanien: Schlechte Noten für gute Politik:Ökonomen dreschen auf Ratingagentur Fitch ein

Sparen ist auch nicht recht: Die Ratingagentur Fitch senkt die Bonität Spaniens, nur weil die Regierung den Gürtel enger schnallt. Das sorgt für Kritik.

Helga Einecke

Spanien wird diese Woche im Fokus der Finanzmärkte stehen. Experten rechnen mit gedrückten Aktienkursen und einem schwachen Euro, weil die Furcht vor dem ansteckenden Bazillus Schuldenkrise in Europa wieder zunimmt. In Spanien protestieren die Gewerkschaften gegen Sparmaßnahmen, ein Generalstreik droht.

Fitch senkt Rating für Spanien

Blick auf die Brüoräume von Fitch Ratings in New York: Die Ratingagentur hat die Kreditwürdigkeit Spaniens von der Bestnote ´AAA" um eine Stufe auf ´AA+" herabgestuft.

(Foto: dpa)

Einen Vorgeschmack auf die kommende Börsenwoche gab die amerikanische Wall Street. In der Nacht zum Samstag fiel der Euro auf 1,2283 Dollar, die Aktienkurse gaben um gut ein Prozent nach. Kurz zuvor hatte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Spaniens um eine Stufe auf "AA+" herabgesetzt. Sie begründete ihr Vorgehen mit dem drastischen Sparprogramm des Landes. Dies werde das Wirtschaftswachstum mittelfristig bremsen.

Je schlechter die Ratingagenturen die Bonität beurteilen, desto teurer wird es für ein Land, sich Geld am Kapitalmarkt zu besorgen. Griechenland zum Beispiel wurde so stark herabgestuft, dass die Griechen für ihre Kredite zweistellige Zinsen bieten mussten. Fachleute sprachen von "Schrottanleihen".

Spanische Gewerkschaften drohen mit Generalstreik

Fitch hatte im Frühjahr bereits die Bonitätsnoten für Griechenland und Portugal gesenkt und auch damals die Furcht vor einer Ausweitung der Schuldenkrise in Europa geschürt. Analysten fragen sich, ob die beiden anderen Agenturen Moody's und S&P nun ebenfalls schlechtere Noten vergeben werden. S&P hatte Spaniens Bonität bereits Ende April auf "AA+" gesenkt. Nur bei Moody's besitzen die Südeuropäer noch die bestmögliche Bewertung.

Der Ökonom Michael Burda kritisierte Fitch. "Das verschärfte die Krise", sagte er dem Berliner Tagesspiegel. "Das Timing könnte nicht schlechter sein". Erik Nielsen, Europa-Volkswirt von Goldman Sachs, wirft der Ratingagentur Versagen vor. Es sei unverständlich, wie man ein Land herabstufen könne, wenn es gerade ein gutes Reformpaket verabschiedet habe. Die Rolle der Ratingagenturen ist seit dem Ausbruch der Finanzkrise umstritten, weil sie zu spät reagiert haben und Interessenkonflikte nicht ausräumen konnten.

Eine verschärfte Krise in Spanien würde die Eurozone stark belasten. Das Mittelmeerland stellt nach Deutschland, Frankreich und Italien die viertgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion. Als reformbedürftig gilt vor allem der spanische Arbeitsmarkt. 4,6 Millionen Menschen sind ohne Job. Die Arbeitslosenquote des Landes liegt bei 20 Prozent. Fachleute meinen, Beschäftigte mit unbefristeten Verträgen würden zu stark und Zeitarbeiter zu wenig geschützt. Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften, Regierung und Unternehmen sollen die ganze kommende Woche andauern. Die Gewerkschaften wollen eine Lockerung des Kündigungsschutzes nicht hinnehmen und haben mit einem Generalstreik gedroht.

Demonstrationen in Portugal

Ein weiterer schwieriger Punkt bei den Verhandlungen ist die Erhöhung des Rentenalters. Die Vorschläge der Regierung scheinen schwer durchsetzbar zu sein. Arbeitsminister Celestino Corbacho will die Reformen zur Not im Alleingang mit der sozialistischen Minderheitsregierung durchsetzen. Erst am Donnerstag vergangener Woche hatte das Parlament in Madrid mit nur einer Stimme Mehrheit einem umfangreichen Sparpaket zugestimmt. Das Budget soll um 15 Milliarden Euro gekürzt werden, beispielsweise durch Lohnsenkungen im öffentlichen Dienst.

Neben Griechenland und Spanien bestrafen die Finanzmärkte auch Portugal wegen seiner Schulden. Am Samstag demonstrierten Zehntausende gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Erst am 13. Mai waren in Lissabon Steuererhöhungen, Gehaltskürzungen und die Kappung von Sozialausgaben beschlossen worden.

Um den Euro zu retten und die Schuldenkrise der Eurozone zu lindern, hatten die Mitgliedsländer ein riesiges Rettungspaket geschnürt, das Kredite und Garantien bis zu 750 Milliarden Euro vorsieht. Die Finanzmärkte zeigten sich bisher von diesen Summen eher mäßig beeindruckt. Jede Nachricht, die mit den europäischen Staatsschulden zu tun hat, sorgt für neue Unruhe. Einige Fachleute, wie der amerikanische Ökonom Nouriel Roubini, rechnen damit, dass der Euro innerhalb der nächsten Monate die Parität zum Dollar erreicht, also um fast ein Fünftel abwertet.

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